Staatsdiener fern jeder Realität
Niedersächsischer Verfassungsschutz beobachtet Journalisten und Linkspolitiker
Schon länger werden die Aktivitäten des Göttinger Landtagsabgeordneten Patrick Humke (DIE LINKE) offenbar von Behörden des Verfassungsschutzes verfolgt und registriert. Humke hat zahlreiche Demonstrationen in Göttingen angemeldet. Schon seit Jahren tauchen er und seine Partei im niedersächsischen Verfassungsschutzbericht auf. Humke geht davon aus, dass seine Telefonate abgehört oder seine E-Mails von der Behörde kontrolliert wurden. »Das gehört zu nachrichtendienstlichen Beobachtungen dazu«, erklärt der Abgeordnete.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Stadtrat von Göttingen unterstützt die Forderung des linken Landtagsabgeordneten nach Offenlegung seiner Verfassungsschutzakte. »Die willkürliche Dauerbespitzelung linker Strukturen aus nicht nachvollziehbaren Gründen muss ein Ende haben«, äußert der Fraktionsvorsitzende Rolf Becker, erst recht wenn die Betroffenen auf Grund ihrer gesellschaftlichen Funktion mit besonderen Persönlichkeitsrechten ausgestattet sind. »Der Landtagsabgeordnete Patrick Humke und der Göttinger Journalist Kai Budler sind nur die zwei prominentesten Göttinger Beispiele für mindestens zwei grundlegende Fehlentwicklungen des Verfassungsschutzes in Deutschland«, erläutert Becker. »Damit meine ich erstens die systematische Gleichsetzung des Gefährdungspotenzials linker und rechter Strukturen, die, wie die Morde der Zwickauer Terrorzelle beweisen, fern jeder Realität ist. Und zweitens die zunehmende Außerkraftsetzung von Grundrechten zur Befriedigung staatlicher Neugier mit immer umfassenderen technischen Mitteln.« Kai Budler vom Stadtradio Göttingen hatte über mehre Demonstrationen berichtet und nach Anfrage erfahren, dass der niedersächsische Verfassungsschutz ihn beobachtet.
Ärgerlich finden die Grünen Äußerungen des Göttinger CDU-Landtagsabgeordneten Fritz Güntzler, der die Verfolgung Humkes und der LINKEN begrüßte. »Mit seiner populistischen Pflege alter Feindbilder trägt Güntzler viel zur Polarisierung der Debatte bei, von der sich die CDU vielleicht ein paar Wählerstimmen verspricht, aber leider nichts zur Lösung gesellschaftlicher Probleme«, heißt es in einer Pressemitteilung der Göttinger Grünen.
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