Unabhängige Forschung nötig

Umweltverband fordert Wende zu nachhaltiger Wissenschaft

  • Steffen Schmidt
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat Bundesforschungsministerin Annette Schavan aufgefordert, ihre Forschungspolitik stärker am Motto des Wissenschaftsjahres 2012 - »Zukunftsprojekt Erde« - auszurichten und jährlich rund eine Milliarde Euro für die Forschung zu Umwelt- und Nachhaltigkeitsfragen umzuwidmen.

Die schlechte Nachricht: Die Umwandlung von immer mehr Grünflächen und Wiesen in Äcker für Energiemais-Monokulturen verringert die Artenvielfalt in unserem Lande weiter. Die gute Nachricht: Wir werden es gar nicht mehr so genau erfahren, weil die Fachleute zur Bestimmung einzelner Tier- und Pflanzenarten auch längst auf der Roten Liste sind. Die Taxonomie, wie dieses Spezialgebiet der Biologie heißt, und die Freilandökologie haben nämlich in den letzten Jahrzehnten in Deutschland viele Lehrstühle an Universitäten verloren, wie der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger bei der Vorstellung der Forderungen seines Verbands an die Politik erläuterte. Viele seien mit der Pensionierung der Professoren zur Molekulargenetik und Mikrobiologie umgewidmet worden.

Als Umweltverband sei der BUND auf wissenschaftliche Expertise vom Artenschutz bis zur Finanzwirtschaft angewiesen, Expertise, die auch die Politik für ihre angekündigte Energiewende benötigt. »Die zunehmende Drittmittel- und Exzellenzorientierung hat den Blickwinkel der Wissenschaft stark verengt. Auf drängende Fragen zur Energie- und Mobilitätswende oder zu neuen ökonomischen Konzepten in der Finanzkrise fehlen gesellschaftlich angemessene Antworten. Die zu starke Technikfixierung führt dazu, dass Gefahren und Risiken neuer Technologien oft ausgeblendet werden«, sagte Weiger. So habe man bei der Untersuchung der Auswirkungen gentechnisch veränderter Organismen auf die Biodiversität auf Forschungsergebnisse aus Österreich, der Schweiz und den USA zurückgreifen müssen, da es eine kritische, von wirtschaftlichen Interessen unabhängige Forschung auf diesem Gebiet in Deutschland nicht mehr gebe.

Forschungsministerin Annette Schavan und die Bundesländer müssten die Forschung stärker als bisher an den Prinzipien der Nachhaltigkeit ausrichten. Die notwendigen Mittel dafür müssten aus anderen, nicht zukunftsfähigen Bereichen umgeschichtet werden, sagt der BUND-Vorsitzende. Statt beispielsweise im Energiebereich 2012 rund 150 Millionen Euro in die Kernfusion zu stecken, müssten Forschungen zur Dezentralisierung des Stromnetzes und zur Steigerung der Energieeffizienz verstärkt gefördert werden. Im Verkehrsbereich wünscht sich der BUND statt der Subventionierung der Autoindustrie durch Forschungsförderung für Elektroautos eine Mobilitätsforschung, die zur Reduzierung des Pkw-, Lkw- und Flugverkehrs beiträgt. Passende Pointe aus dem wirklichen Leben: Uwe Schneidewind, Präsident des Wuppertal-Instituts für Umwelt, Klima, Energie, konnte an der Pressekonferenz nicht teilnehmen, weil sein Zug durch den Frost stecken blieb.

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