Winterdienst in Kleingartenanlagen?

Kleingartenrecht

  • Lesedauer: 4 Min.
Grundsätzlich ist in Kleingartenanlagen kein Winterdienst durchzuführen. Bereits aus der Definition des Kleingartens in § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Bundeskleingartengesetzes ergibt sich, dass Kleingärten nur für die Sommernutzung vorgesehen sind.

Wenn in einem Vereinsheim im Winter Veranstaltungen durchgeführt werden oder das Vereinsheim gar an einen Gastwirt zum Betrieb einer Gaststätte verpachtet ist, gilt die Verkehrssicherungspflicht als stillschweigend von diesem übernommen. Auch das hat allerdings nicht zur Folge, dass er zur Durchführung bestimmter Winterdienstmaßnahmen verpflichtet ist. Er müsste nur die Folgen tragen, wenn durch deren Fehlen ein Unfall passiert (BGH NJW 1985, 270).

Problem Dauerbewohner

Probleme ergeben sich, wenn in Ausnahmefällen das Dauerwohnen auf der Parzelle gestattet ist. Das geschah verschiedentlich wegen der Wohnungsnot nach dem zweiten Weltkrieg oder in der DDR. Derartige Dauernutzer konnten, wenn ihre Parzelle auf dem Territorium der DDR einschließlich Ost-Berlins gelegen ist, Sachenrechtsbereinigungsansprüche geltend machen und ihre Parzelle käuflich erwerben. Sie wurden damit Grundstückseigentümer.

Die mit dem Dauerwohnen und der Begründung von Grundstückseigentum innerhalb von Kleingartenanlagen verbundenen Probleme des Winterdienstes traten in den strengen und schneereichen Wintern 2009/2010 und 2010/2011 in Erscheinung.

Einige der Erwerber nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz forderten vom Land Berlin als Eigentümer der Kleingartenanlage sowie vom zuständigen Bezirksverband der Kleingärtner und auch vom auf der Anlage tätigen Verein, den Winterdienst in erheblichem Umfang innerhalb der Kleingartenanlage bis zu ihren jeweiligen Grundstücken durchzuführen.

Gerichte entschieden: Kein Winterdienst

Zwei Kammern des Landgerichts Berlin haben dieses Ansinnen in zwei rechtskräftigen Urteilen (LG Berlin, Az. 4 O 178/11, vom 21. Oktober 2011 und Az. 31 O 225/11 vom 10. November 2011) abgewiesen. In diesen Entscheidungen wird festgestellt, dass eine Winterdienstpflicht gemäß § 1 Abs. 1 und 4 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 (Berliner) Straßenreinigungsgesetz nicht besteht, da die Wege nicht in den Straßenreinigungsverzeichnissen A, B oder C aufgeführt sind.

Es handelt sich auch nicht um Privatstraßen des öffentlichen Verkehrs im Sinne von § 4 Abs. 2 StrReinG, da die Wege nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind. Selbst bei Bestehen einer öffentlich-rechtlichen Straßenreinigungspflicht könnten die Grundstückseigentümer von deren Träger nicht die Vornahme konkreter Winterdienstmaßnahmen verlangen, sondern nur Schadenersatz für die Folgen der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht.

Räumen nur an Außengrenzen

Da das Land Berlin weder als Träger der öffentlichen Aufgabe noch als Grundeigentümer zur Durchführung des Winterdienstes innerhalb der Kleingartenanlage verpflichtet ist, hat es eine solche Verpflichtung auch nicht an die Bezirksverbände als Zwischenpächter oder über diese an die Vereine in den einzelnen Kleingartenanlagen weitergegeben, sondern nur die Pflicht, den Winterdienst an den Außengrenzen der KGA durchzuführen.

Auch eine zivilrechtliche Verpflichtung des Landes Berlin bzw. seiner Pächter und Unterpächter, den Winterdienst innerhalb der Kleingartenanlage durchzuführen, sahen die Gerichte nicht, zumal sich die Erwerber der Grundstücke in den jeweiligen Kaufverträgen verpflichtet hatten, nicht nur vor ihren Grundstücken sondern auch auf »etwaigen Privatstraßen und Privatwegen« den Winterdienst durchzuführen. Mit »Privatstraßen und Privatwegen« waren natürlich die Wege zu den erworbenen Grundstücken gemeint.

Auch aus dem Mitgliedschaftsverhältnis im Kleingartenverein auf der Anlage kann nach Auffassung der Gerichte kein Anspruch auf Winterdienst abgeleitet werden. In den entschiedenen Fällen sah die Gartenordnung des Vereins vor, dass die Mitglieder für die Schnee- und Eisbeseitigung selbst verantwortlich sind. Außerdem hatten die Mitglieder beschlossen, keinen Winterdienst durchzuführen.

Abgesehen von diesen rechtlichen Erwägungen ist auch nicht einzusehen, wieso die Kleingärtner, die im Winter allenfalls gelegentlich in die Kleingärten kommen, den Winterdienst für diejenigen durchführen oder für die entsprechenden Kosten aufkommen sollen, die ihre Parzellen nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz erworben haben und dort wohnen.

Hinsichtlich der Dauerbewohner, die also nicht Eigentümer der Parzelle geworden sind, sondern lediglich das Recht haben, darauf zu wohnen, vertreten das Land Berlin und der Landesverband Berlin der Gartenfreunde e. V. folgende Auffassung: Bei Fehlen einer Regelung in den Unterpachtverträgen ist der jeweilige Bezirksverband für den Winterdienst verantwortlich. Er kann die Kosten gemäß § 5 Abs. 4 BKleingG auf die Dauerbewohner umlegen.

Nichteigentümer: Wer trägt die Kosten?

Die Prämisse, dass eventuell der jeweilige Bezirksverband für den Winterdienst zuständig sein sollte, ist problematisch. Aus den angeführten Gerichtsentscheidungen ergibt sich eher das Gegenteil. Es geht aber im Grunde genommen um die Kostentragung. Wenn die Dauerbewohner die Kosten für einen vom Bezirksverband organisierten Winterdienst tragen sollen, werden sie sich selbst darum kümmern, um kostengünstiger zu arbeiten.

Prof. Dr. DIETRICH MASKOW,

Rechtsanwalt, Berlin

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal