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Verlockendes Streusalz

Mehr Wildunfälle auch aus kulinarischen Gründen

  • Birgit Sander, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Äsende Rehe auf dem Feld sind schön anzusehen. Am Straßenrand treiben sie den Kraftfahrern den Puls in die Höhe. Doch das reichlich gestreute Tausalz zieht auch die Tiere an.

Schwerin. Seitdem im Land Frost und Schnee eingezogen sind, häufen sich die Wildunfälle. Vor allem morgens und abends in der Dämmerung stoßen immer wieder Autos mit Rehen, Wildschweinen, Füchsen und sogar Dachsen zusammen, wie die Polizeidienststellen in Mecklenburg-Vorpommern berichten. »Das Wild sucht nach Futter«, sagt Rainer Pirzkall, Mitarbeiter in der Geschäftsstelle des Landesjagdverbandes in Damm bei Parchim. Und ausgerechnet Straßen sind oft Futterquellen: Reh- und Damwild liebt Salz, und das gibt es dank des Tausalzes auf den Straßen im Überfluss.

Der Faktor Schnee

»Das Gras schmeckt würziger. Deshalb äsen die Tiere auch im Sommer gerne an Straßenrändern«, erklärt Pirzkall. Pflanzenfresser wie Rehe, Hirsche, Rinder, Schafe und Pferde nehmen mit der Nahrung nur wenig Natrium auf. Kochsalz (Natriumchlorid) fördert aber die Eiweißverdauung der Tiere, dient ihrem Wohlbefinden und einer besseren körperlichen Entwicklung. Tierhalter und Jäger bieten daher den Tieren auf Weiden oder im Wald Salzlecksteine an. Der Straßenwinterdienst tut ein übriges.

Wildschweine sind mehr auf Eicheln aus, und die dürfen auch salzig sein. Das Schwarzwild komme jetzt mit dem Rüssel nicht mehr in die gefrorene Erde, sagt Pirzkall. Es sucht nach Eicheln unter dem Laub und wird oft unter Eichen an Straßenrändern fündig. Füchse und aasfressende Vögel schauen an den Straßen gezielt nach überfahrenem Wild und werden dabei nicht selten selbst Verkehrsopfer. Bei Füchsen ist zudem die Paarungszeit vorbei, sie streifen weiträumig umher. Im Unterschied zum vergangenen Winter ist das Wild derzeit mobiler, weil nur wenig Schnee liegt. Bei hohem Schnee bleiben die Tiere in der Deckung, weil sie schlechter vorwärtskommen. Bei verharschtem Schnee verletzen sich vor allem Rehe häufig.

Polizeisprecher Klaus Wiechmann in Ludwigslust registriert jetzt täglich Wildunfälle, was sonst eher für die Brunftzeit im Herbst typisch sei. »Zwischen fünf und acht Uhr kracht es am häufigsten, am meisten in Naturschutzgebieten«, sagte er. Zu Wochenbeginn registrierte die Polizei innerhalb von sieben Minuten drei Unfälle mit zwei Rehen und einem Wildschwein. Übers Jahr gesehen ist jeder dritte Unfall (34 Prozent) im westlichen Mecklenburg ein Wildunfall.

Im Gebiet der Mecklenburgischen Seenplatte wollte am vergangenen Wochenende ein Lkw-Fahrer einem Hirsch ausweichen und steuerte seine Zugmaschine in den Graben. Der Sattelauflieger blieb quer auf der Bundesstraße 198 bei Stuer stehen. Der Schaden betrug 20 000 Euro. Laut Polizei gehen zum Glück fast alle Wildunfälle nur mit Sachschaden ab - zumindest für die Menschen.

Polizei warnt

Auch die Polizeiinspektion Wismar warnt vor Wild auf den Straßen, und das nicht nur an Stellen mit dem Hinweisschild »Wildwechsel«, wie Polizeisprecher André Falke bemerkt. Von einem Tag zum anderen seien zwölf Wildunfälle gezählt worden. Er bat die Kraftfahrer, besonders vorsichtig zu fahren. »Sollte es aber dennoch zu einem Wildunfall kommen, sind der Jagdpächter, Wildhüter oder die Polizei umgehend zu informieren. Von diesen Stellen erhalten Betroffene dann auch eine für die Schadensregulierung erforderliche Bescheinigung«, sagt er.

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