Wulff vor Rücktritt

Merkel kündigt Stellungnahme an

  • Lesedauer: 2 Min.
Der Druck auf Bundespräsident Christian Wulff ist wegen drohender Ermittlungen der Staatsanwaltschaft massiv gestiegen. Es wird mit seinem Rücktritt um 11 Uhr gerechnet. Kanzlerin Merkel wird sich kurz nach Wulff vor der Presse äußern.
Berlin (dpa/nd) - Bundespräsident Christian Wulff steht vor dem Rücktritt. Das bestätigten mehrere Quellen sowohl aus dem Umfeld des Präsidenten als auch aus der Koalition am Freitag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Es hieß, damit werde er die Konsequenzen aus dem Antrag der Staatsanwaltschaft in Hannover ziehen, die am Donnerstag eine Aufhebung seiner Immunität beantragt hat, um ein Ermittlungsverfahren wegen Vorteilsanahme und -gewährung einleiten zu können.

Wulff will sich um 11.00 Uhr in Schloss Bellevue erklären. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihren geplanten Italien-Besuch für Freitag abgesagt und für 11.30 Uhr eine Stellungnahme im Kanzleramt angekündigt. Wulff war nach dem überraschenden Rücktritt von Bundespräsident Horst Köhler 2010 Merkels Kandidat.

Der Antrag der Staatsanwaltschaft in Hannover auf Aufhebung der Immunität des Bundespräsidenten ist einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik. Der Vorsitzende der niedersächsischen CDU-Landesgruppe im Bundestag, Michael Grosse-Brömer, sagte der "Mitteldeutschen Zeitung" (Freitag): "Der Bundespräsident muss jetzt seine Schlüsse ziehen."

"Unvorstellbar, ein Bundespräsident der zum Staatsanwalt muss", sagte ein CSU-Vorstandsmitglied der Nachrichtenagentur dpa in München. Wulff werde sich angesichts dieser neuen Entwicklung wohl kaum noch im Amt halten können, hieß es übereinstimmend von mehreren CSU-Vorständen. Angesichts eines Ermittlungsverfahrens werde das Staatsoberhaupt um einen Rücktritt kaum herumkommen.

Die Staatsanwaltschaft hatte am Donnerstagabend beim Bundestag die Aufhebung der Immunität beantragt. Zur Begründung wurde angegeben, dass es nach umfassender Prüfung neuer Unterlagen und weiterer Medienberichte gegen den früheren niedersächsischen CDU-Ministerpräsidenten nun einen Anfangsverdacht im Zusammenhang mit Kontakten zum Filmfonds-Manager David Groenewold gebe. Auch gegen ihn wird ermittelt. Erst wenn der Bundestag dem Aufhebungsantrag zugestimmt hat, kann die Staatsanwaltschaft tatsächlich ermitteln.

Groenewold hatte mit Wulff 2007 auf Sylt Urlaub gemacht und dabei die Hotelkosten zunächst bezahlt; Wulff will den Betrag später in bar beglichen haben. Die niedersächsische Landesregierung hatte einer Firma Groenewolds knapp ein Jahr zuvor eine Millionen-Bürgschaft gewährt - die aber nie in Anspruch genommen wurde
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