Extrem unsinnig

Der ministerielle Kampf gegen den Linksextremismus ist kein Erfolgsprojekt

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 2 Min.
Offenbar hat das Bundesfamilienministerium große Schwierigkeiten, passende Projekte für seine Initiative gegen Extremismus zu finden. So erhielt selbst der Verfassungsschutz Niedersachsens Geld aus dem Fördertopf.

»Dortmund den Dortmundern«: - wer hinter dieser Parole Neonazis vermutet, liegt gar nicht so falsch. Im Rahmen dieses Projektes sollten 30 stramme Neonazis mit 30 »demokratischen« Jugendlichen diskutieren. Gefördert wurde die braune Plauderstunde nicht etwa von der NPD, sondern vom Bundesfamilienministerium. Wie die Antwort des Ressorts auf eine Anfrage der Linksfraktion nun ergab, wurde der Talk-Veranstalter, die Multilateral Academy, im vergangenen Jahr mit mehr als 115 000 Euro unterstützt.

Das Geld stammt aus dem Budget der »Initiative Demokratie Stärken«. Diese ist eine Herzensangelegenheit von Ministerin Kristina Schröder und soll »präventiv gegen Linksextremismus und islamistischen Extremismus« vorgehen. Nach Angaben des Ministeriums ließ sich die Ressortleiterin ihren Feldzug gegen den Linksextremismus im vergangenen Jahr mehr als 1,32 Millionen Euro kosten. Demnach erhielten insgesamt 14 Träger Geld für Projekte gegen die Demokratiefeinde von links.

Unter den Empfängern ist die Zeitbild Stiftung, die in ihrer Broschüre »Demokratie stärken« das »nd« zur linksextremistischen Zeitung erklärte. Ihre aufklärerische Tätigkeit ließ sich die Stiftung mit mehr als 166 000 Euro vergüten. Immerhin 100 000 Euro gingen an die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung für ein Projekt ohne »spezifische Zielgruppe«, wie es beim Ministerium heißt. Die Stiftung erhielt übrigens noch einmal 40 500 Euro, um Lehrer und Politiker über »Islamismus und die islamische Jugendszene in Deutschland« aufzuklären.

Merkwürdig: Der niedersächsische Verfassungsschutz bekam 31 000 Euro aus dem Hause Schröder.

Für einen Eklat sorgten jene 43 400 Euro, mit denen die Evangelische Hochschule in Hamburg »Zugänge der Jugendhilfe zu linksautonomen Jugendszenen« erforschen sollte - auch mit Hilfe des Staatsschutzes. Nachdem 100 Studenten im April 2011 das Institutsgebäude besetzt hatten, erklärte Rektor Michael Lindenberg kurz darauf das Ende der Studie sowie seinen Rücktritt.

Der von Joachim Gauck geführte Verein »Gegen Vergessen - Für Demokratie« durfte sich übrigens über mehr als 36 000 Euro freuen. Bislang kümmerte sich der Verein vor allem um SED-Geschichte und Nazis.

Offenbar fiel es dem Ministerium schwer, passende Projekte zur Förderung zu finden. So konstatiert die LINKE-Bundestagsabgeordnete Diana Golze: »Die extreme Häufung von hohen Mittelbewilligungen ab August 2011 sowie Trägerauswahl spricht für Zeitdruck und verzweifelte Trägersuche.« So sei ein Teil der ursprünglich für 2011 vorgesehenen fünf Millionen Euro nicht abgerufen worden. Um dies zu verschleiern, habe man die nichtabgerufenen Mittel umgeschichtet, so Golze.


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