LINKE: »Wir helfen gern«

Abgeordnetenhaus debattierte über 100 Tage Rot-Schwarz

  • Klaus Joachim Herrmann
  • Lesedauer: 3 Min.

»In diesen 100 Tagen wurden Schwerpunkte gesetzt«, lobte SPD-Fraktionschef Raed Saleh gestern im Plenum des Abgeordnetenhauses die rot-schwarze Koalition. Der Zwischenruf in der Aktuellen Stunde über 100 Tage Rot-Schwarz kam prompt: »Welche?« Zehn Punkte zählte Saleh auf. Zehn Mal sei die richtige Entscheidung getroffen worden. Wo bleiben Ihre Konzepte, fragte er vielmehr die Opposition.

Die sagte in Gestalt von Ramona Pop (Grüne) als erster Rednerin themenscharf mindestens ein halbes Dutzend Mal: »Ist noch nix passiert.« Damit meinte sie nichts Gutes. Bei ihr war vielmehr die Liste der Fehlleistungen recht lang. Ein Senatorenrücktritt, der Abschied des Integrationsbeauftragten und Querelen innerhalb der Koalition zählte sie auf. Nicht gerade Bestandspflege bescheinigte sie der wohl eher Türen knallenden als Türen öffnenden Wirtschaftssenatorin von Obernitz (für CDU).

Die 8,50 Euro Mindestlohn im Vergabegesetz seien von der Koalition »auch nur geklaut«, meinte Udo Wolf (Linkspartei). Die stammten noch von der LINKEN. »Diese Regierung prüft viel, verspricht wenig und handelt überhaupt nicht«, klagte er. Eingesetzte Arbeitskreise seien nichts als Folklore. »Sie prüfen, prüfen, prüfen. Und sie entscheiden nichts.«

Auf einen Brief an seinen SPD-Amtskollegen Saleh zu einem gemeinsamen Vorgehen bei der Durchsetzung von 16 Jahren als Wahlalter erhalte er keine Antwort, sagte Udo Wolf. Auch gegen den Flughafenknast für Flüchtlinge ließe sich vorgehen. Zum in der SPD umstrittenen Mindestlohn für öffentlich geförderte Beschäftigung bot er an: »Lassen Sie uns an einem gemeinsamen Antrag arbeiten. Wir helfen gern.«

Doch statt konstruktive Zusammenarbeit loben zu können, musste der Linkspolitiker »flegelhaftes« Benehmen der Koalitionäre in den parlamentarischen Ausschüssen beklagen. Jedes noch so kleine Anliegen der Opposition werde dort kleinlich weggestimmt.

Für Christopher Lauer (Piraten) war gleich die ganze Veranstaltung fragwürdig. »Warum eine weitere Pressekonferenz?«, fragte er. Da das die Piraten aber selbst ebenfalls beantragt hätten, kritisiere er auch die eigene Fraktion. Seine Meinung passte in die Losung: »Inhalte überwinden, jetzt!«

»Sie sind Ihrer Aufgabe nicht im mindesten gerecht geworden«, griff abschließend Klaus Wowereit die Oppositionsparteien an. 100 Tage seien früher einmal eine Schonfrist gewesen, jetzt werde von Anfang an opponiert, klagte er. Doch in den Medien habe zwar die Regierung ihr Fett abbekommen, »aber die Opposition Kübel«. Diese müsse Alternativen aufzeigen. »Da ist gar nichts gekommen.«

Der Senat habe seine Arbeit getan, verteidigte der Regierende Bürgermeister die bisherige Tätigkeit der rot-schwarzen Koalition. Er kündigte in der Auseinandersetzung um den Mindestlohn bei öffentlich geförderter Beschäftigung eine rasche Entscheidung an. An der Debatte selbst lobte er ihre Transparenz und Öffentlichkeit. Darüber, wie Menschen würdig für ihre Arbeit bezahlt werden, »streite ich gern«, rief er aus.

Die Fraktionsvorsitzenden der SPD Saleh und der CDU, Florian Graf, hatten als Erfolge die Offenlegung der S-Bahn-Verträge, die Änderung des Senatorengesetzes und die Abschaffung des Straßenausbaubeitragsgesetzes hervorgehoben. Die Politik von Rot-Schwarz, so Graf, sei »pragmatisch und ideologiefrei«.

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