Flüchtlinge mit eigener Wohnung
Bayerischer Landtag lockert Lagerpflicht
Bayerns Sammelunterkünfte für Flüchtlinge wurden in jüngster Vergangenheit wegen schlechter Hygiene und kasernenartiger Zustände kritisiert. Jetzt dürfen Schutzsuchende in Wohnungen umziehen.
Der Bayerische Landtag hat eine Neuregelung der Unterbringung von Flüchtlingen beschlossen. Danach können Familien und alleinstehende Eltern mit Kindern - sobald ihr Asylverfahren abgeschlossen ist - in eine eigene Wohnung ziehen. Für alle anderen Schutzsuchenden ist es möglich, vier Jahre nach Ende des Erstverfahrens aus der Gemeinschaftsunterkunft auszuziehen. Von der sogenannten Auszugserlaubnis sind Flüchtlinge ausgenommen, die bei der Klärung ihrer Identität nicht mitwirken oder mit mehr als 50 Tagessätzen bzw. 90 Tagessätzen bei Verstößen gegen das Ausländerrecht vorbestraft sind.
Lange galt im Freistaat für Flüchtlinge strikte Lagerpflicht: Empfänger von Leistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz wurden - bis auf wenige Ausnahmen - immer in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Seit April 2011 gilt eine vorläufige Neuregelung; diese wurde nun vom Parlament beschlossen.
Der Entscheidung ging ein jahrelanger Koalitionsstreit voraus. Die regierenden Christsozialen haben versucht, die Neuregelung auszubremsen, gibt Alexander Thal vom Bayerischen Flüchtlingsrat gegenüber »nd« Auskunft. Der liberale Koalitionspartner dagegen habe sich für die Abschaffung der Lagerpflicht stark gemacht, so Thal.
Die Neuregelung stößt beim Flüchtlingsrat auf Kritik. Er hat eine Auflösung der Lager gefordert. »Flüchtlingslager sind menschenunwürdig, machen die Bewohner krank und sind extrem teuer«, so die Argumentation. Auch die Oppositionsparteien bemängeln die Neuregelung. Sozialdemokraten, Grüne und Freie Wähler stimmten am Mittwoch geschlossen dagegen. Ihnen geht der Kompromiss zwischen CSU und FDP nicht weit genug.
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