Akzeptanz statt echter Bürgerbeteiligung

Großprojekte künftig nur mit öffentlicher Debatte

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Bundesregierung will der Öffentlichkeit ein früheres Mitspracherecht bei der Planung von Großprojekten einräumen. Allerdings sind sowohl das dazugehörige Gesetz als auch ein vorgestellter Leitfaden nicht viel wert, kritisiert die Opposition.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich und sein Parteikollege Verkehrsminister Peter Ramsauer (beide CSU) haben am Mittwoch den Entwurf eines Handbuchs für mehr Bürgerbeteiligung bei der Planung von Großprojekten wie Autobahnen, Schienenstrecken oder Flughäfen vorgestellt. Die Broschüre soll Behörden und Auftraggebern praxisnahe Vorschläge für eine konkrete Beteiligung der Öffentlichkeit an den Bauvorhaben unterbreiten. Ziel ist es, die Zahl der Klagen gegen Bauprojekte deutlich zu verringern.

Laut den Aussagen Friedrichs ist das Bedürfnis vieler Bürger für eine »frühe Öffentlichkeitsbeteiligung« nicht erst durch aktuelle Beispiele wie die Proteste gegen den Tiefbahnhof in Stuttgart oder die Querung des Fehmarnbelts ersichtlich geworden.

Innenminister Friedrich nannte das Handbuch einen »Werkzeugkasten«. Dieser dient zur Umsetzung des Ende Februar vom Kabinett verabschiedeten Regierungsentwurfes zum neuen »Planungsvereinheitlichungsgesetz«. Neben einer Beschleunigung der Verfahren soll das Gesetz ab kommendem Herbst mehr und frühere Bürgerbeteiligung ermöglichen. Im Gesetzestext ist allerdings lediglich von einem »Hinwirken« der zuständigen Behörden auf mehr Bürgerbeteiligung die Rede. Eine Verpflichtung zu mehr Teilhabe der Öffentlichkeit, so räumte Ramsauer ein, bestehe demnach nicht.

Der Verkehrsminister begründete die Entscheidung damit, dass Großprojekte zu unterschiedlich seien, um den jeweiligen Trägern der Bauvorhaben konkrete gesetzliche Gesetzesvorgaben machen zu können. Stattdessen zielen die Vorschläge im vorgestellten Handbuchentwurf darauf ab, die Bürger wesentlich früher über ein Vorhaben zu informieren und ihre Kritik entsprechend vortragen zu können. Eine größere Beteiligung der Öffentlichkeit, etwa durch Abstimmungen, ist nicht vorgesehen.

Verkehrsminister Ramsauer machte deutlich, dass es ihm mit dem Projekt vorrangig darum geht, die Unterstützer von Vorhaben zu mobilisieren und nicht deren Gegner. »Deutschland darf nicht nur das Land der Ideen, sondern muss auch das Land der Umsetzung bleiben«, sagte der Verkehrsminister.

Kritik an den Plänen kam von den Oppositionsparteien. »Getan hat sich nichts«, sagte der Grünen-Politiker und Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter, und bezeichnete das Vorhaben der Bundesregierung als »weiße Salbe«. Die verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Sabine Leidig, forderte mehr »echte Bürgerbeteiligung statt bloßer Akzeptanzschaffung«. Leidig bemängelte, dass der Verkehrsminister die Bürger von der Frage ausschließe, ob ein Großprojekt überhaupt gebaut werden soll.

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