Telekom: Zuspitzung im Tarifkonflikt

DTAG ruft Schlichtung an / Bisher kein Arbeitgeberangebot

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.
In der aktuellen Tarifrunde für die Beschäftigten im privatisierten und zunehmend zerklüfteten Kommunikationskonzern Deutsche Telekom ist keine rasche Einigung in Sicht. Bei den Warnstreiks der vergangenen Tage verzeichnete die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di starken Zuspruch.

Eine Lösung der festgefahrenen Situation bei der Telekom ist nicht in Sicht. Der Konflikt um die ver.di-Forderung nach 6,5 Prozent Einkommenserhöhung und einem festen Mindestbetrag zu Gunsten der unteren Einkommensgruppen hat sich in den letzten Tagen weiter zugespitzt. So rief Telekom-Personalvorstand Thomas Sattelberger am Montag für den Teilbetrieb Deutsche Telekom AG (DTAG) und damit für die Zentralebereiche im Konzern sowie die für die Auszubildenden zuständigen Tochtergesellschaften die Schlichtung an, ohne bislang den ver.di-Unterhändlern ein Angebot vorgelegt zu haben.

Damit befindet sich dieser Konzernbereich mit insgesamt 16 500 Beschäftigten in der Friedenspflicht, Warnstreiks oder ga ein Vollstreik sind bis zum Ende der Schlichtung - Tarifabschluss der Scheitern - nicht möglich. Dem Vernehmen nach ist als Schlichter Hamburgs Ex-Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) vorgesehen, Die Gespräche sollen in der kommenden Woche beginnen. Wie Voscherau ohne ein Angebot der Arbeitnehmerseite agieren wird und ob ein Schlichterspruch tatsächlich von beiden Seiten angenommen wird, muss sich zeigen.

Gleichzeitig ging in den letzten Tagen in anderen Konzernteilen die bundesweite Warnstreikwelle unvermindert weiter. So etwa in der größten Unternehmenssparte Telekom Deutschland GmbH mit über 50 000 Tarifbeschäftigten. Hierzu gehören die von den meisten Kunden als klassische Telekom wahrgenommenen Bereiche wie Kundenservice, Technik und Netz. In diesem Bereich rüsten die Gewerkschafter für die vierte Verhandlungsrunde in der kommenden Woche in Düsseldorf. Hier ist für Dienstag eine Großdemonstrationen vor dem Verhandlungslokal geplant. Die für Mitte der Woche geplanten Tarifverhandlungen für rund 18 500 Tarifkräfte in der Großkunden- und Netzwerksparte T-Systems wurden nach Gewerkschaftsangaben auf den 2. Mai verschoben. Ein Angebot des Managements liegt auch in diesen Bereichen bisher nicht vor. Diese Hinhaltetaktik und die Anrufung der Schlichtung für die DTAG hätten die Motivation und Streikbereitschaft in den anderen Sparten gefördert, sagte ver.di-Sprecher Jan Jurczyk am Donnerstag auf nd-Anfrage. Mit bundesweit über 27 000 Streikenden zwischen Montag und Donnerstag bei Telekom Deutschland und T Systems sei die Resonanz »erfreulich«, so Jurczyk. Am Donnerstag besprach die Große Tarifkommission des ver.di-Fachbereichs 9 die Marschroute.

Dass der Telekomvorstand mit seiner Haltung den Aktionären auch in diesem Jahr eine Dividendenausschüttung in Höhe von 3,4 Milliarden Euro sichern will, hat bei vielen Beschäftigten Wut ausgelöst. »Wir unterbieten uns so lange, bis wir alle arm sind«, sagt ein Betriebsrat und aktiver Gewerkschafter aus Mainz dieser Zeitung und bringt die Stimmung vieler Beschäftigter auf den Punkt.

Sie sähen sich seit Jahren permanenten Umstrukturierungen ihrer Telekom-Tochterbetriebe ausgesetzt. Diese machten außer einem stärkeren Auspressen der Arbeitskraft durch zunehmende Leistungsverdichtung und radikalem Arbeitsplatzabbau wenig Sinn, erschwerten dafür jedoch den Arbeitsalltag immer mehr, so der ver.di-Mann. Freiwerdende Stellen würden nur in äußersten Notfällen besetzt, Beamte und Ältere oftmals auch gegen ihren Willen von den Vorgesetzten zum vorzeitigen Ausscheiden und Übergang in Altersteilzeit oder Vorruhestand gedrängt. »Nicht alle wollen gehen«, zumal etliche Beamte nur eine magere Alterspension von 1250 Euro netto zu erwarten hätten. In Wahlbetrieben mit Betriebsteilen, die sich oftmals über mehreren hundert Kilometer erstreckten, gestalte sich die gewerkschaftliche und Betriebsratsarbeit schwierig. Viele Kollegen hätten den Streikaufruf per SMS erhalten und darauf hin die Arbeit niedergelegt, so der Gewerkschafter.


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