Inspiriert von Musik

Till Sailer zum 70

  • Henry-Martin Klemt
  • Lesedauer: 2 Min.

Es gab immer beides: Den Musiker mit der Abneigung gegen jegliches Getöse, politisches eingeschlossen, und den Schriftsteller, den die Liebe zur Musik inspirierte, die Liebe zu Kindern, die Liebe zum Schöpferischen - was wiederum alles eins ist und das Gleiche: Wer Till Sailers Bücher liest, kann es erfahren.

1942 wurde er in der Klassikerstadt Weimar geboren und mit seinen beiden Brüdern von der Mutter, einer Reformpädagogin, großgezogen. Später studierte er Musik, Querflöte im Hauptfach. Als Orchestermusiker kam er nach Cottbus, aber schon in den 60er Jahren wurde er Rundfunkjournalist in Berlin, Hör- und Fernsehspielautor, schließlich Student am Literaturinstitut Johannes R. Becher in Leipzig und ab 1980 freier Schriftsteller.

Als nach 1990 weder Musik noch Literatur den Mann mehr recht nährten, erinnerte Till Sailer sich als engagiertes Mitglied des Schriftstellerverbandes der DDR und des Verbandes Deutscher Schriftsteller der Kraft des Dokumentarischen und sah sich um unter denen, die so brotlos standen wie er. So entstand die Studie »Ankunft im Supermarkt - Zur sozialen Situation der Autoren im Land Brandenburg«. Dabei beschrieb er nicht nur, sondern bemühte sich um ganz praktische Hilfe. Mit den gesammelten Erfahrungen mischte er sich in Kulturprojekte und Kulturpolitik vor Ort ein. Der VS, in dessen Geschichtskommission Sailer jahrelang mitgearbeitet hatte, wählte ihn in den Vorstand und schließlich zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden. Dabei dürfte auch Sailers ausgeprägtes Talent zur Moderation und Mediation in den ansonsten eher profilierungsfreudigen Kreisen eine Rolle gespielt haben.

Wenn du zu erfahren begehrst, wie glücklich oder unglücklich ein Mensch ist, frage ihn nicht nach seinem Glück, sondern nach der größten seiner Sorgen, heißt es. In den biografischen Romanen, Erzählungen und Essays vergewissert Sailer sich auch seiner selbst, des eigenen Platzes und des eigenen Wirkens. In den oft spannungsvoll erzählten Lebensgeschichten über verschiedene Musiker, wie Bach und Händel, überträgt sich mit der Erfahrung des fremden Schicksals immer auch etwas, das zur eigenen Suche inspiriert. Selbst musizierend, später begleitet von seiner Tochter Juliane, die als Musikerin in die Fußtapfen ihres Vaters trat, gab Till Sailer in den vergangenen Jahren zahlreiche Konzertlesungen aus seinen Büchern, unter anderem »In Liebe - Ihr Johannes Brahms«.

Nur Verwalter von Kunstdingen sein, das kann und will Sailer nicht. Als freier Schriftsteller lebt er in Bad Saarow. Am heutigen Samstage feiert er seinen 70. Geburtstag.

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