Wo die grauen Fasern wehen

Gericht verbietet Giftmüll-Transport nach Schleswig-Holstein

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.
Noch immer ist nicht geklärt, wie und wo rund 170 000 Tonnen Asbest von einem Firmengelände in Wunstorf bei Hannover entsorgt werden können. Ein Gerichtsurteil hat den Transport des Giftmülls von Niedersachsen zu einer Deponie nach Schleswig-Holstein gestoppt. Auch Mecklenburg-Vorpommern will den gefährlichen Abfall nicht haben.

Wie »nd« berichtete, war geplant, den Asbest vom Terrain der aufgelösten Firma Fulgurit zu Deponien nach Rondeshagen in Schleswig-Holstein und nach Schönberg in Mecklenburg-Vorpommern zu bringen. Lose sollte der Giftmüll in Lastwagen verfrachtet werden, zum Schutz war nur eine Plane über dem Asbest vorgesehen. Doch die beiden Länder, für welche die Fracht vorgesehen war, wehrten sich gegen dieses Vorhaben.

Die Region Hannover ließ sich davon nicht beeindrucken, tat nichts, um die Transporte zu stoppen. Am 16. April sollten die Lkw starten. Bürgerprotest in Schönberg wurde laut, und das schleswig-holsteinische Wirtschaftsministerium erließ eine Eilverfügung, die eine Fahrt der Giftmüll-Wagen durch das Land untersagte. Dagegen wiederum klagte die Transportfirma. Doch sie unterlag vor dem Verwaltungsgericht Schleswig.

Das Verbot von Asbesttransport ist rechtmäßig - so lässt sich das unlängst ergangene Urteil zusammenfassen. Der geplante Transport verstoße gegen die Vorschriften für gefährliche Güter, befand das Gericht. Asbestmüll dürfe nicht lose, sondern nur in abgepackter Form in so genannten »Big Bags« (»Großsäcke«) oder in Containern befördert werden. Die Freisetzung gesundheitsschädlicher Asbestfasern sei bei dem beabsichtigten Transportverfahren nicht auszuschließen. Diese Feststellung dürfte auch hinsichtlich der Deponie in Mecklenburg-Vorpommern wegweisend sein.

Noch aber ist das Urteil nicht rechtskräftig, die Transportfirma kann bis zum 9. Mai Beschwerde einlegen. Das sei bislang nicht geschehen, sagte ein Sprecher des Verwaltungsgerichts Schleswig am Montag. Auf die Möglichkeit einer solchen Beschwerde verweist auch die Region Hannover als Bodenschutzbehörde. Offensichtlich werden bei ihr keine konkreten Schritte eingeleitet, um eine Alternative zu den Transporten zu finden. Eine Sprecherin der kommunalen Körperschaft sagte gegenüber »nd«: Nach wie vor sei ein Beschluss der Regionsversammlung gültig, demzufolge der Asbestmüll abtransportiert werden soll. »Solange diese Entscheidung gilt, haben wir nicht den Auftrag, etwas anderes zu machen.« Es gebe nun juristische Hindernisse, aber damit müssten sich die am Asbest-Problem beteiligten Unternehmen auseinandersetzen. Von diesen habe die Region bislang kein Signal bekommen, dass die Transporte nicht möglich seien. Sollten die Firmen jedoch erklären, die Transporte aus rechtlichen Gründen nicht vornehmen zu können, wäre das Anlass für die Regionsversammlung, sich erneut mit der Angelegenheit zu befassen.

Kurt Herzog, umweltpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Landtag, kommentierte den Spruch des Verwaltungsgerichts: »Die Region Hannover hat sich damit vollständig blamiert.« Das Urteil sei ein Debakel für SPD und Grüne, die in der Regionsversammlung als Koalition die Mehrheit haben. Die Region habe die Transportfirma auf dem Gerichtsweg vorgeschickt. Das zeige, »wie weltfremd SPD und Grüne bei der Durchsetzung ihres Vorhabens agieren«. Die Landesregierung müsse nun Druck machen; Ziel sollte es sein, die Asbesthalde in Wunstorf vor Ort zu sanieren, betonte Herzog.

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