Von Defätismus keine Spur

Die LINKE kämpft bis zum Schluss um den Wiedereinzug in den Landtag

  • Lesedauer: 3 Min.

Es ist kein wirklich guter Tag in der Wahlkampfzentrale der NRW-LINKEN. Ihr zweiter Spitzenkandidat Wolfgang Zimmermann liegt im Krankenhaus - immerhin: der Lungentumor kann noch operiert werden. Katharina Schwabedissen wird jetzt auch von »RTL« geschnitten: der private Fernsehsender porträtiert die Spitzenkandidaten aller anderen relevanten Parteien, selbst jenen der Piraten, nicht aber die Frontfrau der LINKEN. Die jüngste Wahlumfrage verheißt der Partei ein Wahlergebnis von drei Prozent. Wieder einmal.

Es ist der 24. April - einer jener Tage, an denen Irina Neszeri schon um vier Uhr aufstehen musste. Nun rutscht die Kommunikationschefin der NRW-LINKEN auf ihrem frauenbewegt-lilanem Schreibtischstuhl herum. »Wir haben ein gutes Team, aber Mega-Hyper-Stress«, sagt die 38-Jährige und klopft auf ihre halbleere Sushi-Schale.

Ihr Job ist nicht einfach: Die Medien sind der Linkspartei in Nordrhein-Westfalen seit jeher nicht wohlgesonnen. Nun haben sie fast gänzlich das Interesse verloren - oder in Neszeris Worten: »Viele Medien ignorieren uns«. Selbst als Skandalnudel im Wahlkampf taugt die Partei nicht mehr. Diese Rolle haben jetzt die Piraten übernommen.

Die »Süddeutsche Zeitung« hat neulich immerhin einen Korrespondenten rausgeschickt: Die LINKE habe Rot-Grün in NRW zur Mehrheit verholfen. Das räche sich nun. Die Partei müsse einen schwierigen Wahlkamp absolvieren, ihre gesamtdeutsche Daseinsberechtigung verteidigen und verhindern, der große Verlierer der NRW-Wahl zu werden. »Viel Optimismus versprüht sie dabei nicht«, so das Fazit des Blatts.

Hektik und Stress sind im LINKE-Hauptquartier in der Bochumer Kortumstraße mit Händen zu greifen. Die letzten Wahlkampfmaterialien müssen besprochen, layoutet und für den Druck freigegeben werden. Anfragen werden beantwortet. Buttons gepresst, Texte erstellt. Manchmal vernimmt man ein Lachen. Falls hier der Defätismus Einzug gehalten haben sollte, verbirgt er sich gerade einigermaßen erfolgreich.

Nein, die LINKE habe sich durchaus nicht aufgegeben, sagt Irina Neszeri und nimmt einen tiefen Schluck Multivitaminsaft. »Wir werden bis zum 13. Mai kämpfen, gerade die letzten drei Tage werden entscheidend sein«. Und ja, ihre Partei werde selbstverständlich den Wiedereinzug in den Landtag schaffen. Die LINKE versuche, die Medienblockade mit einer »präzisen und pointierten Pressearbeit« zu durchbrechen. Der Ausstoß an Pressemitteilungen ist in der Tat rekordverdächtig.

Die »Bild«-Zeitung brachte tags zuvor ein großes Interview, in dem Spitzenkandidatin Schwabedissen souverän über Luxus (»meine Kinder« und ihr Macbook) und die Vergesellschaftung von Energiekonzernen parlierte. »Das war schon ein merkwürdiges Gefühl, Katharina in der ›Bild‹ zu sehen«, lacht Neszeri. »Und sie kommt dabei sogar gut weg.« Möglicherweise hat Schwabedissen einige »Bild«-Leser überzeugt, vielleicht liegt es an der sonstigen Rackerei: Drei Tage später sieht eine Umfrage die LINKE erstmals seit längerem wieder bei vier Prozent.

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