Bange Blicke nach Frankfurt

Hertha BSC entschuldigt sich

  • Frank Thomas und Andreas Schirmer, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Profis, Verantwortliche und Fans von Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC schauen mit bangen Blicken heute nach Frankfurt am Main. Das mit Spannung erwartete Urteil des DFB-Sportgerichts könnte jedoch nur der Anfang einer zermürbenden Nachspielzeit am Grünen Tisch sein.

Die Hertha-Profis demonstrierten im Training Zuversicht, Fortuna Düsseldorf verschanzte sich hinter verschlossenen Türen: Nach einem Wochenende quälender Ungewissheit warten beide Vereine auf die Urteilsverkündung des DFB-Sportgerichts. Vor der Entscheidung heute um 15 Uhr zum Skandalspiel in der Relegation herrschte zwar auf beiden Seiten Zweckoptimismus, doch gehen Experten nach der Verhandlung am Freitag eher davon aus, dass es nicht zu dem von Berlin angestrebten Wiederholungsspiel kommen wird.

Vier Tage nach der Chaospartie in Düsseldorf (2:2) sahen sich die Berliner am Wochenende genötigt, sich für das Verhalten einiger Spieler zu entschuldigen. Nach dem Abpfiff hatte nach den Aussagen von Referee Wolfgang Stark in den Katakomben eine »Hetzjagd« auf ihn eingesetzt. Hertha-Spieler hätten ihn massiv bedrängt und beleidigt, Lewan Kobiaschwili habe ihn sogar geschlagen. Nach der Strafanzeige von Stark droht dem 34-jährigen Georgier das Karriereende. Bei Tätlichkeiten gegen Schiedsrichter sind Sperren von sechs Monaten bis zwei Jahren vorgesehen.

»Nach den Angaben des Schiedsrichters soll es innerhalb einer verständlicherweise allseits emotionalisierten Atmosphäre auch zu Beleidigungen und anderen, zum Teil schwerwiegenden Unsportlichkeiten gekommen sein. Wir entschuldigen uns deshalb bei allen Beteiligten, insbesondere auch bei den Schiedsrichtern«, hatte Hertha erklärt. Verfahren sind auch gegen die Hertha-Profis Thomas Kraft, Christian Lell und Andre Mijatovic wegen Beleidigung des Referees sowie den Düsseldorfer Andreas Lambertz wegen Nutzung von Pyrotechnik nach dem Abpfiff anhängig.

Selbst wenn die Berliner ein Wiederholungsspiel bekämen - was DFB-intern als unwahrscheinlich gilt -, können sie sich somit nicht als Gewinner fühlen. Manager Michael Preetz legte Wert darauf, dass es bei der Platzstürmung in der Nachspielzeit und den Vorgängen in den Stadionkellern um zwei verschiedene Sachverhalte gehe, die getrennt betrachtet werden müssten.

Die Düsseldorfer sagten nach der ausgefallenen Aufstiegsfeier am Sonnabend auch ihre viertägige Mallorca-Reise ab und nahmen das Training wieder auf. Das Trainingsgelände war total abgeschottet. Die Mannschaft habe »ein kleines Spielchen untereinander gemacht«, berichtete Trainer Norbert Meier kurz angebunden. »Wir haben diese Maßnahmen beschlossen aus Respekt vor der Unabhängigkeit der DFB-Gerichtsbarkeit«, begründete Manager Wolf Werner. Ob die Profis nun auch ihre ab Donnerstag geplanten Urlaubsflüge stornieren müssen, liegt allein in Händen des DFB.

Anton Nachreiner, Vorsitzender des DFB-Kontrollausschusses, hatte nach über sechsstündiger Verhandlung dafür plädiert, den Einspruch der Berliner gegen die Spielwertung zurückzuweisen. Schiedsrichter Stark hatte die Nachspielzeit für 21 Minuten unterbrechen müssen, weil Tausende Fortuna-Fans den Platz gestürmt hatten. Hertha-Anwalt Christoph Schickhardt und die als Zeugen geladenen Berliner Profis versuchten in der Anhörung mit aller Macht zu beweisen, dass die restlichen 1:33 Minuten unter irregulären Bedingungen stattfanden und die Spieler »Angst« hatten.

Beim öffentlichen Training demonstrierten die Berliner am Sonntag vor etwa 40 Fans gelöste Stimmung. Präsident Werner Gegenbauer gab sich gelassen: »Wir werden optimistisch der Entscheidung harren.« Unabhängig davon, wie das Sportgericht entscheidet, können beide Vereine gegen das Urteil vor dem DFB-Bundesgericht Einspruch einlegen. Es würde wohl noch im Laufe der Woche zusammentreten. Das Ständige Schiedsgericht beim DFB wäre danach die letzte nationale sportrechtliche Instanz.

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