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Schlechtes Omen für linke Kräfte

In Frankreich sind die Verhandlungen von Sozialisten, Grünen und Linksfront gescheitert

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
In Frankreich stehen bald Parlamentswahlen an. Der Plan von Sozialisten, Grünen und Linken, einander zu unterstützen und so die linken Kräfte in der Nationalversammlung zu stärken, ist gescheitert. Die Schuld schieben sie sich gegenseitig zu.

Bis zum vergangenen Wochenende musste die Aufstellung und Registrierung der Kandidatenlisten für die französischen Parlamentswahlen am 10. und 17. Juni abgeschlossen sein. Um die 577 Sitze in der Nationalversammlung bewerben sich in ebenso vielen Wahlkreisen 6600 Kandidaten, davon etwa 40 Prozent Frauen. Noch bis zur letzten Stunde wurde zwischen den Sozialisten (PS), den Grünen und der Linksfront aus Kommunisten und Partei der Linken darüber verhandelt, ob und wo man bereits im ersten Wahlgang nur einen linken Kandidaten aufstellen und ihn gemeinsam unterstützen sollte. Damit sollte die Absicht der rechtsextremen Front National durchkreuzt werden, bei dieser Wahl einen Durchbruch zu schaffen und erstmals seit vielen Jahren wieder ins Parlament einzuziehen.

Doch die Verhandlungen wurden dadurch belastet, dass die Sozialisten und die Grünen bereits vor Monaten ein Abkommen geschlossen hatten, das von der Linksfront jetzt als überholt und disproportioniert betrachtet wird. Seinerzeit hatten die Sozialisten ihren grünen Partnern 63 Wahlkreise überlassen, in denen sie keinen eigenen Kandidaten aufstellen wollten, sondern den der Grünen zu unterstützen versprachen. Doch die Präsidentschaftswahl brachte ein Fiasko für die Grünen: Ihre Kandidatin Eva Joly erzielte mit nur 2,3 Prozent der Stimmen eines der historisch schlechtesten Ergebnisse für die Umweltpartei. Jean-Luc Mélenchon, der als Kandidat der Linksfront 11,1 Prozent errang, forderte daraufhin öffentlich von der PS, das Wahlabkommen mit den Grünen zu »berichtigen« und nun der Linksfront in einer angemessenen, ihrem Wahlerfolg entsprechenden Zahl von Wahlkreisen den Vortritt zu lassen. Damit stieß er zwar nicht ganz auf taube Ohren, aber das Entgegenkommen hielt sich doch in Grenzen.

Die Grünen sahen ein, dass sie vier oder fünf Wahlkreise würden hergeben müssen, aber sowohl ihre als auch die Vorschläge der Sozialisten beschränkten sich meist auf solche Wahlkreise, die nur schwer zu gewinnen sein dürften. Die Gegenvorschläge der Linksfront wurden fast durchweg abgelehnt. Tagelang ging es hin und her, bis man schließlich ergebnislos auseinanderging.

Jetzt schieben sich beide Seiten die Schuld zu. Die Linksfront habe »überzogene Forderungen« gestellt, erklärt die PS-Parteivorsitzende Martine Aubry, und letztlich hätten Differenzen zwischen den Kommunisten und ihren Partnern eine Lösung unmöglich gemacht. »Wir befanden uns in der Klemme zwischen der unnachgiebigen Haltung der Sozialisten und der fehlenden Kompromissbereitschaft der Partei der Linken«, räumt Lydie Benois, die Verhandlungsführerin der Kommunistischen Partei ein. Vor allem bedauern die Kommunisten, dass es jetzt etliche Wahlkreise gibt, in denen kein linker Kandidat im ersten Wahlgang genug Stimmen bekommen wird, um sich zu halten. Damit wird im zweiten Wahlgang nur die Entscheidung zwischen einem Kandidaten der konservativen UMP oder der Front National bleiben. Eric Coquerel, der Verhandlungsführer der Partei der Linken, prangert den »Hegemonismus« der Sozialisten an und erklärt: »Die PS will allein eine Mehrheit im Parlament erreichen und nicht auf unsere Unterstützung angewiesen sein. Darum soll die Zahl unserer Abgeordneten niedrig gehalten werden. Am liebsten hätten sie es, wenn die Linksfront auseinanderbrechen würde. Aber da haben sie sich getäuscht.«

Tatsächlich denken nicht wenige PS-Politiker mit Bedauern an die Zeiten zurück, als sie in der Linksregierung mit Kommunisten als »Juniorpartner« an der Seite zusammengearbeitet haben. Dagegen ist ihnen die von ihrem ehemaligen Parteifreund Mélenchon gegründete Partei der Linken nach wie vor ein Dorn im Auge.

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