Streit um die Lufthoheit

Lufthansa will Gehälter bei ihrer Tochter Austrian Airlines drastisch kürzen

  • Hannes Hofbauer, Wien
  • Lesedauer: 2 Min.
Eine Feststellungsklage vor dem Obersten Gerichtshof ist der vorerst letzte Akt im Kampf des AUA-Personals gegen ihre Betriebsführung. Zuvor hatte die Lufthansa einseitig den Kollektivvertrag ihrer österreichischen Tochter gekündigt, um Gehälter des Bordpersonals um 25 Prozent kürzen zu können. Krankmeldungen der Piloten führten zu Flugausfällen.

Begonnen hat der deutsch-österreichischen Zwist um die Lufthoheit mit der Übernahme der mehrheitlich im Staatsbesitz befindlichen Austrian Airlines (AUA) durch die Lufthansa im September 2009. Der Kaufpreis war symbolisch: 1 Cent pro Aktie. Das österreichische Verkehrsministerium schoss sogar noch 500 Millionen Euro zu, um die Fluglinie halbwegs schuldenfrei übergeben zu können. Vom ersten Tag ihrer Inbesitznahme an setzten die neuen deutschen Chefs auf den Sparstift. Im Visier: die gut dotierten Arbeitsverträge des Bordpersonals und der Piloten. Der Konflikt ließ nicht lange auf sich warten.

Mitten im Streit um die Kürzungen von Gehältern hat die Lufthansa dann im Februar dieses Jahres den Kollektivvertrag für das gesamte Bordpersonal einseitig aufgekündigt. Dieser rechtlich fragwürdige Vorgang war einmalig in der Geschichte der österreichischen Tarifverhandlungen. Das Kalkül der Lufthansa - die Wiedereinstellung von Piloten und Bordpersonal zu billigeren Konditionen.

Diese waren bei der AUA-Tochter »Tyrolean« gegeben. Die nun auch zum Lufthansa-Konzern gehörende Regionalfluglinie hat aus historischen Gründen eigene Verträge mit ihrem Personal, die im Durchschnitt 25 Prozent unter jenen der AUA-Mutter liegen. Bordbetriebsrat Karl Minhart warf dem Unternehmen daraufhin vor, die »Friedenspflicht verletzt« zu haben: »Das Management führt bewusst einen Nervenkrieg gegen das eigene Personal«, meinte er. Die Gewerkschaft reagierte umgehend und kündigte ihrerseits den Kollektivvertrag der »Tyrolean«-Mitarbeiter, um die »Betriebsüberführung« - wie die Lufthansa ihren Sparplan nennt - zu verhindern.

Die Chefs des deutschen Kranichs focht das nicht an. Ein neuerliches Verhandlungsangebot der Gewerkschaft, das von 96 Prozent der Belegschaft unterstützt worden war, kommentierten sie mit den Worten: »Wir konzentrieren uns ausschließlich auf den Betriebsübergang«, sprich: die Gehaltskürzungen. Mitte Mai meldeten sich dann eine Reihe von Piloten »unfit to fly«, was am Muttertagswochenende dazu führte, dass zwei Dutzend Flüge ausfielen. Bis Ende Mai hat die Chefetage ihren Piloten Zeit gelassen, eine 25-prozentige Gehaltskürzung zu akzeptieren oder zu kündigen. 50 der 600 AUA-Piloten sind bereits abgewandert, arabische und ostasiatische Airlines nehmen sie mit offenen Armen auf. Massenhafte Kündigungen würden der Lufthansa Millionenbeträge kosten, sind doch in den sogenannten Altverträgen fette Abfindungen vorgesehen.

Wie sehr die Nerven auch in der Lufthansa-Chefetage blank liegen, zeigt der personalpolitische Kahlschlag in den eigenen Reihen. Vorige Woche wurden mehrere zentrale Bereichsleiter, darunter der langjährige Personalchef, sein Stellvertreter und der Check-In-Leiter, auf die Straße gesetzt. Die Losung der Gewerkschaft lautet: Den Irrflug stoppen. Die Lufthansa soll dem Vernehmen nach bereits einen »Plan B« zum Sparpaket diskutieren - die AUA in den Konkurs zu schicken.

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