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Zurück an die Wäscheleine

Im Kabinett: Betreuungsgeld und Förderung privater Pflegevorsorge

Das Bundeskabinett will heute die Förderung privater Pflegeversicherungen und das Betreuungsgeld beschließen. Gegen beide Vorhaben gibt es nicht nur in der Opposition starke Vorbehalte.

Nach schier unendlichem koalitionsinternen Gezanke, einer Reihe verlorener Wahlen und fast völligem Politikstillstand will die schwarz-gelbe Koalition heute im Kabinett zwei Gesetzesvorhaben verabschieden: das Betreuungsgeld und die Förderung der privaten Pflegeversicherung. Wer eine private Zusatzversicherung abschließt, soll künftig - unabhängig vom Einkommen - mit fünf Euro im Monat unterstützt werden. Rund 100 Millionen soll das Vorhaben jährlich kosten. Mit wesentlich mehr schlägt die Herdprämie zu Buche. Ab 2014 wird mit jährlichen Kosten von 1,2 Milliarden Euro gerechnet. Erhalten sollen das Geld Elternteile, die ihr Kind nicht in eine Kita schicken, sondern zu Hause betreuen.

Beide Projekte erinnern in Zustandekommen und Sinnhaftigkeit stark an die Steuergeschenke für Hoteliers, mit denen die Koalition in ihre Regierungszeit fehlgestartet war. Auch in diesen beiden Fällen profitieren nur wenige, und viele werden ausgeschlossen: Der Versicherungsbranche sollen offensichtlich nach dem Riester-Geschenk erneut Milliardengeschäfte zugeschustert werden, während Einkommensschwache von der Förderung ausgeschlossen bleiben. Sie können sich den Abschluss einer privaten Pflegeversicherung auch mit den geplanten fünf Euro staatlichem Zuschuss schlicht nicht leisten.

Die Fördersumme »sollte besser direkt für die Pflege beziehungsweise zur zuverlässigen Finanzierung der Aus- und Weiterbildung in den Pflegeberufen aufgewendet werden«, sagt Gunnar Winkler, Präsident des Sozialverbandes Volkssolidarität. Sein Verband fordert stattdessen eine Bürgerversicherung in der Pflege.

Und im Fall des Betreuungsgeldes bleiben nicht nur Hartz-IV-Betroffene außen vor. Viele Tausend Eltern wollen keine 100 oder 150 Euro Almosen im Monat, sondern einen Kita-Platz, damit sie einer Erwerbstätigkeit nachgehen können. Um die auch in der Koalition selbst umstrittene Herdprämie zu verhindern, wurde gestern ein Aufruf veröffentlicht, in dem an das Verantwortungsbewusstsein der Koalitionsabgeordneten appelliert wird, dem Betreuungsgeld im Bundestag nicht zuzustimmen. Kurz und knapp bringen es die einleitenden Sätze des Aufrufs auf den Punkt: »Das Betreuungsgeld ist schädlich. Das Betreuungsgeld ist teuer. Das Betreuungsgeld will niemand - außer der CSU.«

Als Alternative wirbt das aufrufende Bündnis - Initiatoren sind die LINKE, Grünen, SPD und Piratenpartei - für »Investitionen in Kitas und Krippen, in mehr Plätze, aber auch in mehr Qualität«. Unterstützt wird der Aufruf unter anderem von der IG Metall, der Erziehungsgewerkschaft GEW, dem Kinderschutzbund und 526 Unterzeichnern und Unterzeichnerinnen im Internet (Stand Mittwoch 17 Uhr auf neinzumbetreuungsgeld.de).

Schwarz-Gelb möchte die Herdprämie noch vor der Sommerpause durch den Bundestag bringen. Auch die Pflegeförderung soll bis dahin beschlossen werden, wie Gesundheitsminister Daniel Bahr am Dienstag in Berlin mitteilte.

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