Mit Fuß und Fantasie am Ball und Brett

»fuß brothers« aus Jena machen aus der Floskel vom »Rasenschach« eine spannende doppelzügige Realität

  • René Gralla
  • Lesedauer: 3 Min.
Jetzt rollt das Leder bei der EM 2012. Da dürfte auch wieder das Schlagwort »Rasenschach« fallen. Eine Floskel. Doch die »fuß brothers« aus Jena demonstrieren, wie das wirklich gehen kann. Wir fragten Clubgründungsmitglied JAN RICHTER (41), im Hauptberuf Sprachgymnasiallehrer (fuß-brothers-Foto: o. Reihe, 2.v.l.)
Mit Fuß und Fantasie am Ball und Brett

nd: Ihr Verein pflegt Fußball und Schachsport gleichberechtigt und nebeneinander. Wie geht das?
Richter: Unter den Freizeitkickern gibt es erstaunlich viele Schachspieler, und so sind wir auf die Idee gekommen, die »fuß brothers« zu gründen. Wobei sich dann bald auch Synergien in umgekehrter Richtung entwickelt haben: weil Schachspieler, die sich gesagt haben, ein bisschen Fußball nebenbei tut mir gut, zu uns gestoßen sind. Einmal in der Woche trainieren wir Fußball, und einmal im Monat ist ein Übungsabend im Schach angesetzt.

Sie haben unlängst Platz 3 geschafft bei einem Schach- und Fußballturnier des SV Werder. Wie lief das ab?
Nominiert wurden sieben Spieler, und die mussten für beide Disziplinen zur Verfügung stehen. Erst stand Fußball in der Halle auf dem Programm, vier Feldspieler und ein Torwart, und dann wurde ein doppelrundiges Blitzturnier ausgetragen, an sechs Brettern.

Auf welcher Position spielen Sie?
Torwart, aus Altersgründen. Früher war ich Allrounder.

Wie lange dauern die Partien im Fußball?
In Bremen waren das zehn Minuten, das können aber auch mal 15 Minuten sein.

Kann man sich für die Strategie auf dem Platz vom Schachbrett inspirieren lassen, wie es Felix Magath gern kolportiert?
So genau haben wir eigentlich noch gar nicht darüber nachgedacht. Wir sind jedenfalls eine Mannschaft, die über die Flügel kommt, mit dem tödlichen Pass in die Mitte beziehungsweise dem Rückpass hinter die Reihen der gegnerischen Abwehr.

Gehen Sie im Schach auch gern über die Flügel?
Ich persönlich ja. Ich fianchettiere, wie es in der Fachsprache heißt, fast immer meinen Königsläufer ...

... das heißt, Sie postieren diese Einheit auf der rechten Flanke, und zwar in einem Bereitstellungsraum, den Sie zuvor durch Aufzug eines Bauern geschaffen haben ...
... und attackiere anschließend das Zentrum von der Seite. Andere Teamkollegen kommen wiederum sehr schnell im Zentrum zur Sache.

Offenbar können sich die beiden Disziplinen Schach und Fußball strategisch tatsächlich gegenseitig befruchten.
Kann schon sein. Aber wir wollen keine großen Theorien aufstellen, uns geht es primär ums praktische Tun. Im Fußball bringen wir unsere strategischen Fähigkeiten ein, das macht uns glücklich. Und fahren wir an einem anderen Tag zu einem reinen Schachturnier ganz ohne Fußball, dann treten wir trotzdem einheitlich gekleidet in unseren Trikots an. Gelb und weinrot, das sind die Farben der »fuß brothers«.

Ihr Tipp für die EM: Wie schneidet das deutsche Team ab?
Dass alle bloß noch vom Titel reden, finde ich gar nicht erfreulich. Wenn die deutsche Mannschaft gut spielt und Zweiter, Dritter oder Vierter wird, dann ist das auch okay.

Und wann sehen wir die »fuß brothers« wieder auf dem Rasen?
Wir laufen an jedem Wochenende im Juni zu einem Fußballturnier auf. Und am 7. Juli in Erfurt bestreiten wir ein Kombiturnier aus Schach und Fußball.

Gespräch: René Gralla

Fußballtraining der »fuß brothers« jeden Donnerstag ab 18 Uhr in Jena, Sportplatz Göschwitz; weitere Infos: www.fussbrothers.de/home.php. weitere Infos: www.emporerfurt.de

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