Atommülllager drohen abzusaufen

Experte warnt vor Inbetriebnahme des im Bau befindlichen Endlagers Schacht Konrad

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 2 Min.
Im niedersächsischen Schacht Konrad bei Salzgitter könnten bei der Lagerung von radioaktivem Abfall ähnliche Probleme wie in dem nahe gelegenen Atommülllager Asse auftreten.

Das marode Atommülllager Asse droht abzusaufen, auch in das in Bau befindliche Endlager Schacht Konrad sickert salzhaltiges Wasser. Täglich sind es rund 16 300 Liter - rund 4000 Liter mehr als in die Asse. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) bestätigte am Freitag die Wasserzuflüsse in Schacht Konrad.

Der Burgdorfer Geochemiker Ralf Krupp warnte vor einer Inbetriebnahme des Endlagers. Ebenso wie die Asse werde die Grube Konrad nach ihrer Schließung volllaufen. »Die Abfälle werden nach Wasserzutritt genauso wie in der Asse unter Gasbildung korrodieren und Radionuklide in Lösung gehen«, sagte Krupp. Aufgrund des größeren Abfallvolumens und des kleineren Grubenhohlraums in Schacht Konrad entstünden dort aber mehr Gase und höhere Gasdrücke. Krupp ist Mitglied einer Wissenschaftlergruppe, die bei der Sanierung der Asse mitwirkt.

Nach Angaben des BfS, das die Schließung des einstigen Salzbergwerks Asse und die Umrüstung der früheren Eisenerzgrube Konrad zum Endlager für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll steuert, sind Wasserzuflüsse in Schacht Konrad seit Beginn Gegenstand der Sicherheitsbetrachtungen und der Genehmigungsunterlagen gewesen. Die Menge des im Grubengebäude des Schachts angetroffenen Wassers sei »innerhalb eines Schwankungsrahmens« konstant, sagte Behördensprecher Florian Emrich dem »nd«. 2009 seien täglich etwa 16,3 Kubikmeter Wasser aufgefangen worden. Das Wasser werde vor allem unter Tage zur Bewässerung der Wände und Fahrbahnen verwendet. »Der Rest wird oben gesammelt.« Ein Vergleich Schacht Konrads mit der Asse sei »nicht zutreffend«. Bei der Asse dringe von außen in unbegrenzter Menge Wasser in das Bergwerk ein und könne es »irgendwann zum Absaufen bringen«. Zudem handele es sich um ein Salzbergwerk, das im Gegensatz zu einem Eisenerzbergwerk wasserlöslich sei. Bei Schacht Konrad hingegen gebe es begrenzte Mengen an eingeschlossenem Meereswasser aus der Entstehungszeit des Gesteins sowie Wasser, das über die offenen Schächte einfließe, sagte Emrich. Die eingeschlossenen Wässer hätten keinen Kontakt zur Biosphäre. Nach der Einlagerung des Atommülls würden die Schächte geschlossen, sodass über sie kein Wasser mehr hinzulaufen könne.

Über die Schächte nicht, aber über die als vermeintliche geologische Barriere dienenden Tonschichten, hält Krupp dagegen. Diese seien durch Bohrungen auf Eisenerz, Öl und Gas durchlöchert worden. »Weitgehende Analogien« zwischen Schacht Konrad und der Asse bestehen laut Krupp auch hinsichtlich der Wissenschaftler und Behörden, die für die Befürwortung der Bergwerke als Endlager verantwortlich gewesen seien.

Unterdessen geht am 20. Juni die zur Entschädigung von betroffenen Kommunen ins Leben gerufene Endlager Konrad-Stiftung an den Start. Während des auf rund 35 Jahre veranschlagten Einlagerungsbetriebs sollen die Kommunen 100 Millionen Euro erhalten.

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