Deutschland bleibt Bananenrepublik

Bundesregierung zeigt keinerlei Elan bei der Korruptionsbekämpfung

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Bundesregierung nimmt den Kampf gegen die Korruption nicht ernst und ließ nun eine Frist des Europarates ohne konkrete Fortschritte verstreichen.

Die Kritik der » Staatengruppe gegen Korruption des Europarats« (GRECO) war deutlich formuliert: »allgemein unbefriedigend« seien Deutschlands Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung. Die Bundesrepublik habe nur vier der insgesamt 20 GRECO-Empfehlungen aus dem Jahre 2009 zu Parteienfinanzierung und Korruptionsbekämpfung umgesetzt, hieß es Anfang April in einem Bericht. Der Europarat zeigte sich damals gnädig und gab der Bundesregierung bis zum 30. Juni Zeit, einen eigenen »Bericht zu den Fortschritten bei der Umsetzung der ausstehenden Empfehlungen vorzulegen«.

Die Bundesregierung zeigte sich gänzlich unbeeindruckt. Erst am 27. Juni - also drei Tage vor Ablauf der Frist - beschäftigte sich der Innenausschuss des Bundestages erstmals mit den GRECO-Empfehlungen. Dabei gab es nicht eine Beschlussvorlage, die die Abgeordneten hätten diskutieren können. Somit droht eine weitere Zuspitzung der ohnehin schon peinlichen Auseinandersetzung: Weil eine Reihe von Empfehlungen nicht oder nur teilweise umgesetzt wurden, läuft bereits ein Sonderverfahren gegen die Bundesrepublik.

Heftige Kritik an dem offensichtlichen Desinteresse der Bundesregierung kam von Edda Müller, der Vorsitzenden von Transparency Deutschland: »Es passt nicht zusammen, wenn Griechenland sich auf deutschen Druck hin reformieren und Misswirtschaft abstellen soll, während Deutschland die Antikorruptionsvorgaben des Europarates missachtet«, so Müller, die selbst für mehrere Bundesministerien arbeitete.

Fest steht: Deutschland hat Nachholbedarf - etwa bei der Parteienfinanzierung. Bislang müssen nur Spenden über 10 000 Euro veröffentlicht werden. Eine Untersuchung der unabhängigen Organisation LobbyControl hat ergeben, dass dadurch ein Großteil der Spenden intransparent bleibt. Allein im Jahr 2010 lagen 61 Prozent der Spenden von Unternehmen und Verbänden an die Bundestagsparteien unter dieser Schwelle. Bei Spenden von natürlichen Personen betrug dieser Wert sogar 81 Prozent. Das machen sich Firmen wie der der Spielautomatenherstellers Gauselmann zunutze. Auf Anregung des Firmenpatriarchs hatten Führungskräfte des Unternehmens seit 1990 etwa eine Million Euro verdeckt an Union, SPD, FDP und Grüne »gespendet«. Da diese Beträge jeweils unterhalb der Meldegrenze lagen, tauchten die Spender nicht in den Rechenschaftsberichten auf. Das ging offenbar lang gut: Erst 2011 wurde die Sache ruchbar.

Weil es diesen blinden Fleck gibt, fordert der Europarat mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung. Ebenso wie eine Verschärfung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung. Auch hier mauert die Bundesregierung, während die drei Oppositionsparteien sich selbst im Weg stehen und gleich drei verschiedene Gesetzesentwürfe erarbeitet haben. Erst Mitte Oktober wird sich der Rechtsausschuss des Bundestages mit den Anträgen beschäftigen. Auch beim von GRECO bemängelten undurchsichtigen Parteiensponsoring gibt es keinerlei gesetzliche Nachbesserungen. Dementsprechend dünn dürfte der Fortschrittsbericht der Bundesrepublik ausfallen.

Es bleibt dabei: Auf internationalem Parkett wirkt Deutschland wie eine Bananenrepublik. So weigern sich die wechselnden Bundesregierungen seit Jahren, den Paragrafen zur Abgeordnetenbestechung zu verschärfen. Aus diesem Grund konnte man weder das »Strafrechtsübereinkommen gegen Korruption« des Europarates noch die entsprechende UN-Konvention ratifizieren.

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