Die Kommune von Oakland

Kaliforniens radikale Occupy-Bewegung unterscheidet sich deutlich von der in New York

  • Florian Schmid
  • Lesedauer: 3 Min.
Neben Occupy Wall Street in Manhattan hat auch die kalifornische Variante in Oakland internationale Beachtung gefunden. Dabei gibt es beträchtliche Unterschiede zu der Bewegung in New York, wie eine im Internet erschienene Broschüre verdeutlicht. Die Texte sind eine Selbstdarstellung des linksradikalen Teils der Oaklander Occupy-Bewegung.

Die kalifornische Stadt Oakland war von jeher widerständig. 1946 fand hier der letzte Generalstreik in den USA statt, 20 Jahre später wurde in der mehrheitlich von Afroamerikanern bewohnten Industriestadt die militante Black Panther Party gegründet. Als im Oktober 2011 im Zuge der Räumung des Occupy-Camps eine Person lebensgefährlich verletzt wird und sich die Besetzer gegen die Polizei zur Wehr setzen, gehen die Bilder um die ganze Welt. Während im New Yorker Zucotti-Park die Polizei stets präsent ist, wird sie in Oakland konsequent aus dem Camp vertrieben. Die »Frank Ogawa Plaza«, wo sich das Occupy-Camp befindet, wurde in »Oscar Grant Plaza« umbenannt, nach einem jungen Schwarzen, der 2009 von der Polizei erschossen worden war, was damals zu heftigen Protesten geführt hatte.

Occupy Oakland versteht sich vor allem als Bewegung für das »Recht auf Stadt«. »Das pulsierende Herz des Camps war niemals die Vollversammlung (…), es war die Küche«, heißt es in einem der Texte. Obdachlose sind im Camp willkommen, um dort zu essen und zu schlafen. Die soziale Wirklichkeit in Städten in das Konzept Occupy zu integrieren, wurde der Oaklander Bewegung angekreidet, zum Beispiel von der linksliberalen Kommentatorin Joan Walsh. Ihrer Meinung nach ginge es darum, einen politischen Diskurs abseits sozialer Alltagsprobleme zu kreieren. Dem widersprechen die Oaklander Occupy-Aktivisten heftig. Auch vom Slogan »Wir sind die 99 %« distanzieren sie sich. Zu den 99 %, so die Aktivisten, gehören schließlich auch Rassisten, homophobe Sexisten und Polizeibeamte. »Wir sind das Proletariat« wird stattdessen auf Demonstrationen skandiert.

Den Rahmen gängiger Occupy-Aktivitäten sprengt die Bewegung in Oakland auch durch die nicht immer reibungslose, aber erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften. Am 2. November 2011 wird ein Generalstreik ausgerufen und einer der größten Häfen an der Westküste von Zehntausenden Menschen blockiert. Sämtliche Hafenmitarbeiter wurden nach Hause geschickt, der Betrieb wurde komplett eingestellt. In der Innenstadt demoliert ein schwarzer Block von 2000 Menschen Geschäfte, die sich nicht an den Generalstreik halten. Es kommt zu Straßenschlachten mit der Polizei. Wenn Occupy Oakland auch von anarchistischen und autonomen Gruppen geprägt ist, die Militanz wird kontrovers diskutiert, wie die Beiträge in dem Sammelband zeigen.

Den zum Teil militanten Occupy-Aktivisten geht es darum, nicht nur auf Angriffe der Polizei zu reagieren, sondern selbst die Initiative zu ergreifen, geht aus den Texten hervor. So wurde für den Winter ein passendes Gebäude gesucht, wohin die Platzbesetzer umziehen können. Die öffentlich angekündigte Besetzung von einer Demonstration aus schlug aber fehl und endete in Scharmützeln mit der Polizei. In mehreren der inhaltlich und stilistisch durchaus anspruchsvollen Texte wird darauf verwiesen, dass der arabische Frühling, also die Vorlage für die amerikanischen Occupy-Proteste, nicht nur friedlich, sondern auch radikal und militant war.

Unter der Überschrift »Wir sind die Konsequenz« wird in einem Text konstatiert, »dass das, was hier in Oakland passiert, nicht nur eine vergängliche Explosion oder einer jener Krawalle ist, die alle zwei Jahre wie ein Komet durch die Stadt fegen. Nein, es ist Teil einer Sequenz.« Wohin diese Entwicklung führt, wird sich erst noch zeigen. Klar ist aber, Occupy Oakland sollte man im Blick behalten.

Die Selbstdarstellung im Netz: www.classless.org

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