Götterdämmerung im Schwergewicht

Klitschko-Ära neigt sich dem Ende zu

  • Alexander Sarter, SID
  • Lesedauer: 3 Min.
Schwergewichts-Champion Wladimir Klitschko hat in seinem 21. Box-WM-Kampf erneut einen K.o.-Sieg gefeiert. Da die Suche nach ernsthaften Gegnern aber immer schwieriger wird, rückt das Karriere-Ende näher.

Am frühen Sonntagmorgen gegen 1.30 Uhr, nur zwei Stunden nach seiner mühelosen Titelverteidigung im 21. WM-Kampf, wurde Wladimir Klitschko schwermütig. »Dass mein Bruder und ich das Schwergewicht beherrschen, freut mich unglaublich. Ich möchte am liebsten gar nicht daran denken, dass das irgendwann vorbei ist«, sagte der 36-jährige Champion aus der Ukraine mit Blick auf das unweigerlich näher rückende Ende seiner Boxkarriere: »Vielleicht hört Witali als erster auf, vielleicht hören wir zusammen auf. Das weiß ich noch nicht.«

Die Szenerie während der Pressekonferenz im Stade de Suise in Bern nach dem K.o.-Sieg Klitschkos gegen den chancenlosen Herausforderer Tony Thompson (USA) hatte aber nicht nur wegen der Aussage des Weltmeisters etwas von einer Götterdämmerung. Klitschkos Trainer Emanuel Steward, der seinen 68. Geburtstag in der Ringecke feierte, würdigte das Lebenswerk »eines der besten Schwergewichtsboxers aller Zeiten«. Und Manager Bernd Bönte musste eingestehen, dass die Suche nach ernsthaften Gegnern immer schwieriger wird. So könnte der anvisierte Kampf am Jahresende zum Beginn der Abschiedstour Klitschkos werden. Nach 58 Siegen in 61 Profikämpfen scheint es für den Titelträger der Verbände IBF, WBA und WBO, der gegen Thompson in der sechsten Runde seinen 51. K.o.-Sieg feierte, keine echten Herausforderungen mehr zu geben. Da auch Wladimirs 40-jähriger Bruder Witali vor dem Ende der Laufbahn steht, könnte die Klitschko-Dominanz schon bald zu Ende sein.

Richtig überzeugende Gegenargumente konnte auch Bönte nach dem Fight unter freiem Himmel vor 22 000 Zuschauern in der Schweiz nicht liefern. »Es gibt noch interessante Gegner. Theoretisch sind alle Top-Ten-Leute ein Thema«, sagte der Manager, um dann allerdings Namen zu nennen, die nur Boxsportexperten ein Begriff sind. Dabei ging es vor allem um den Polen Mariusz Wach sowie um die Amerikaner Seth Mitchell und Johnathon Banks.

Danach musste Bönte aufzählen, was derzeit alles kein Thema ist. An Kämpfen gegen den Amerikaner Chris Arreola oder den Russen Alexander Powetkin fehle das Interesse der TV-Sender und der Austragungsstätten. Auch ein Fight in den USA sei nicht lukrativ und komme deshalb momentan nicht infrage. Und so konnte der Manager nur eine recht vage Ankündigung machen: »Wladimir wird im November oder Dezember boxen. Wir müssen schauen, welche Arenen und welche Gegner zur Verfügung stehen. Der Kampf wird in Europa stattfinden - das muss aber nicht zwangsläufig in Deutschland sein.«

Da die polnischen TV-Sender großes Interesse an einem Kampf Klitschkos gegen den bisher ungeschlagenen Wach (27 Siege) haben, wird der Olympiasieger von 1996 also möglicherweise in Polen gegen den 32 Jahre alten Lokalhelden mit dem Spitznamen »Wikinger« in den Ring steigen. Bis dahin will sich Klitschko, der zuletzt im April 2004 gegen den Amerikaner Lamon Brewster verloren hat, in noch besserer Form präsentieren.

»Ich bin zufrieden mit dem Ergebnis, aber boxerisch kann man noch einige Dinge besser machen«, sagte Klitschko: »Ich wusste, dass ich schneller, stärker, besser bin. Aber Tony ist nur sehr schwer zu treffen. Es ist nicht leicht, das richtige Timing zu finden.« Tony Thompson hatte bereits vor vier Jahren durch technischen K.o. in Runde elf gegen Klitschko verloren.

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