Mehr Babyurlaub für Ölarbeiter

Regierung wendet Streik in Norwegens wichtigster Industrie ab / Gewerkschaften enttäuscht über Vereinbarung

  • Andreas Knudsen
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Arbeitskämpfe in der norwegischen Öl- und Gasindustrie wurden wenige Stunden vor ihrem Beginn noch abgewendet.

Die Einigung auf eine Schlichtung zwischen der Gewerkschaft der Ölarbeiter und dem Arbeitgeberverband hatte die sozialdemokratische Arbeitsministerin Hanne Bjurstrøm herbeigeführt. Damit wurde nach zwei Wochen punktuellen Streiks, Vermittlungsversuchen und Streikdrohungen ein Schlussstrich unter die Auseinandersetzungen gezogen, und ein Streik im wichtigsten Wirtschaftszweig Norwegens abgewendet. Der hätte täglich bis zu 250 Millionen Euro gekostet und schwerwiegende langfristige Folgen für den Export und den Ölpreis gehabt.

Der Verband der Ölarbeiter, SAFE, hatte bereits mehrfach in den letzten 20 Jahren versucht, das Pensionsalter für seine Mitglieder auf 62 Jahre festzusetzen, während es nach dem Gesetz in Norwegen bei 65 Jahren liegt. Als Grund führte die Gewerkschaft die harten Arbeitsbedingungen in der Branche an. Ihrer Meinung nach ermöglichten es die Gewinnspannen in der Öl- und Gasindustrie, eine solche brancheneigene Pensionsübereinkunft durchzusetzen. Die Gesetzesänderung dazu war im Vorjahr im Storting, dem norwegischen Parlament beschlossen worden.

Entsprechend enttäuscht zeigte sich Leif Sande, Chefunterhändler der Gewerkschaften, dass ausgerechnet eine sozialdemokratisch geleitete Regierung zugunsten der Industrie eingreift. »Die Streikwarnung war rechtlich völlig in Ordnung und wir fühlen uns betrogen von der Regierung«, kommentierte er Bjurstrøms Eingreifen. Sande stellte den Forderungen der Gewerkschaft den sogenannten »Goldenen Händedruck« für Spitzenmanager gegenüber.

Nach der jetzt verbindlich getroffenen Vereinbarung bleibt es in der Öl- und Gasbranche beim Pensionsalter von 65 Jahren, wie es für alle norwegischen Arbeitnehmer gilt. Als Ausgleich gibt es eine fünfprozentige Lohnerhöhung sowie eine Verlängerung des Babyurlaubs für Väter, der jetzt bei zwei Wochen liegt. Die Arbeitgeberseite wies darauf hin, dass ein Ölarbeiter im Jahresdurchschnitt mehr als 100 000 Euro verdiene und diese Gruppe, die etwa 6500 Personen zählt, gegenüber der Gesellschaft Solidarität zeigen müsse.

Die Regierung begründete ihr Vorgehen damit, Norwegens Ruf als Energieexporteur bewahren zu müssen. Sie habe verhindern wollen, dass die Lohnspanne zwischen der Ölbranche und der übrigen Industrie zu groß wird, um deren Wettbewerbsfähigkeit nicht auf das Spiel zu setzen.

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