Alles Agenten?

Kommentar von Detlef D. Pries

  • Lesedauer: 2 Min.

Der Vizechef des US-amerikanischen Außenamtes Philip Gordon verkündete im vergangenen Dezember stolz, dass die USA seit 2009 rund 160 Millionen Dollar für Programme »zur Unterstützung der Demokratie« in Russland bereitgestellt haben. Man darf ohne Weiteres annehmen, dass es manche russische Organisation ohne Geld aus Washington oder aus Westeuropa gar nicht gäbe. Das von der Duma gerade verabschiedete Gesetz verbietet solche Finanzierung nicht, es stellt sie »nur« unter schärfere Kontrolle. Das klingt zunächst legitim.

Die Betroffenen sehen darin freilich weit mehr als eine weitere bürokratische Erschwernis. Und durch die verlangte Registrierung als »ausländische Agenten« sehen sie sich diffamiert. Mag das Wort auch nicht unbedingt Spione meinen, es wird damit assoziiert. Es schreckt ab - und das soll es offenbar. Mindestens so absurd wie der Vorwurf, das Vorgehen Wladimir Putins erinnere an die stalinschen Repressionen 1937, ist jedoch die Vorstellung, die Teilnehmer der Proteste nach den jüngsten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen seien alle mit Dollars aus Washington bezahlt. Die Masse der Demonstranten gehörte vielmehr zum selbstbewussten, nach demokratischer Teilhabe strebenden Teil der Gesellschaft, der unter Putins Präsidentschaft erst entstanden ist. Wenn - wie viele vermuten - Putin einen »heißen Herbst« oder gar eine »bunte Revolution« fürchtet, kann er Russland davor auf Dauer nicht durch abschreckende Gesetze, sondern nur durch demokratischen Dialog retten.

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