Hauptsache Party

Die Beachvolleyballer freuen sich über ihren außergewöhnlichen Spielort und viele Fans

  • Oliver Händler, London
  • Lesedauer: 3 Min.
Wer die Feierzentrale Olympias sucht, findet sie in London bei den Beachvolleyballern. Auch wenn der Spielort sonst ganz und gar nicht für Partys bekannt ist.

Die Glocke über der Horse Guards Parade schlägt laut. Eigentlich müssten hier nun Pferde mit hübsch uniformierten Reitern in langen schwarzen und roten Roben ausrücken, um vor Tausenden Touristen den Wachwechsel zu zelebrieren. Die Touristen sind da, doch Pferde und Reiter haben drei Wochen Urlaub. Es ist Olympia. Im Herzen Londons, am Rand des St. James Park, steht in diesen Tagen ein lilafarbenes Stadion, in dem Beachvolleyballer in Shorts und Bikini jetzt ihre Ballwechsel zelebrieren.

»Wir haben die schönste Wettkampfstätte abbekommen«, sagte eine glückliche Ilka Semmler. Auch dieser Kulisse wegen ist Beachvolleyball bereits in den ersten Tagen der Olympischen Spiele von London zum Publikumsmagneten geworden. »Ich hatte es mir erhofft. Die haben zwar gesagt, dass alles ausverkauft ist. Aber ich hab es nicht geglaubt«, freute sich Semmler, die ihre Olympiapremiere gemeinsam mit Katrin Holtwick gegen das tschechische Paar Hana Klapalova/Lenka Hajeckova souverän mit 2:0 meisterte. »Dass wirklich schon um 9 Uhr morgens zum ersten Gruppenspiel alle Plätze besetzt sind, habe ich noch nie erlebt«, so Semmler.

Die ebenso unerfahrene Kollegin Holtwick hofft, dass sich die Nervosität nun langsam legen werde. »Als ich heute morgen aufgestanden bin, hat sie mich plötzlich erwischt. Wenn man dann noch auf den Center Court kommt und Big Ben und Westminster Abbey sehen kann, wird man nicht gerade ruhiger«, sagte Holtwick.

Jonas Reckermann war schon in Athen dabei, dort wurde noch an einem wirklichen Strand gespielt, aber auch ihn begeistert der etwas andere Londoner Spielort. »Klar ist das für uns Beachvolleyballer immer schön, wirklich am Strand zu spielen. Aber das hier ist trotzdem die beste Location, an der ich jemals spielen durfte.« Partner Julius Brink stellt aber klar, dass ihn das nicht nervös mache: »Olympia ist immer groß. Wenn man das richtig annimmt, wird man auch gut spielen können.«

Die Organisatoren der Spiele rätseln noch, warum so viele Plätze beim eigentlich ausverkauften Schwimmen und anderen Wettkampfstätten in den ersten Tagen frei blieben. Nun wollen sie herausfinden, ob die Tickets, die an ausländische Reiseveranstalter vergeben wurden, auch alle verkauft wurden. Wenn nicht, sollen sie neu verteilt werden. Nicht aber in der Horse Guards Parade. Die ist voll.

So gesittet wie die Reiter sich an Ort und Stelle sonst benehmen, geht es beim Beachvolleyball nicht zu. Der Stadionsprecher fordert die Zuschauer stets auf, zu klatschen und zu brüllen, Wellen durch die Arena zu treiben und sogar die Sandharker in den Auszeiten anzufeuern. »Wir sind hier nicht in Wimbledon«, ruft er. »Hier dürft ihr laut sein!«

Dabei gibt es kaum Fans für einzelne Mannschaften. »Wer ist für Tschechien?« »Heeeey!« »Und wer für Deutschland?« Heeeey!«, schreien dieselben Massen gleich hinterher. Hauptsache Party.

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