Mont Saint Michel soll wieder Insel werden

Weltkulturerbe-Bauwerk wird vor dem Versanden bewahrt

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Mont Saint Michel vor der Küste der Normandie ist eigentlich eine Insel. Doch ein Damm zum Festland machte die felsige Erhebung zur Halbinsel. Nun will man den Damm durch eine Brücke ersetzen.

Jahrhundertelang war der Mont Saint Michel, ein vor der flachen normannischen Küste jäh aufragender Felsen, der seit dem 8. Jahrhundert durch ein Kloster und dessen Kirche gekrönt wird, eine Insel. Bei Flut wurde er komplett vom Meer umspült und nur bei Ebbe konnte man den heiligen Berg durch eine Furt watend erreichen. Um es den Pilgern und dem aufkommenden Tourismus leichter zu machen, wurde Ende des 19. Jahrhun-derts ein Damm aufgeschüttet. Der ließ nicht nur den Besucherstrom auf jährlich dreieinhalb Millionen anschwellen, er machte die Insel nach und nach auch zur Halbinsel. Würde nichts geschehen, so errechneten bereits vor 30 Jahren Wissenschaftler, wäre der Mont Saint Michel um das Jahr 2040 herum fest mit dem Festland verbunden.

Darum wurde im Prinzip schon 1996 ein gigantisches Renaturierungsprojekt beschlossen, um den Eingriff des Menschen in die Natur wieder rückgängig zu machen. Zum einen sollte der Damm durch eine Brücke ersetzt werden, sodass das Wasser wieder rund um den Berg strömen kann. Zum anderen wurde ein Stauwerk im Fluss Couesnon geplant, der ganz in der Nähe des Dammes in die Bucht des Mont Saint Michel mündet.

Nach langjährigen Verzögerungen wird nun gebaut. Seit April darf auf dem Damm nicht mehr geparkt werden. Neben dem Damm werden zurzeit die bis zu acht Meter hohen Betonpfeiler für die künftige Brücke gegossen. Wenn die Anfang 2014 fertig ist, wird der Damm weggebaggert. Das Stauwerk im Fluss Couesnon ist bereits fertig. Seine Wirkungsweise lässt sich mit einer Toilettenspülung vergleichen. Bei Flut steht das Wehr offen, um das Meereswasser bis weit in den Fluss hinein strömen zu lassen. Diese Wassermassen werden dann durch das geschlossene Wehr zurückgehalten und erst bei Ebbe wieder freigegeben. Sie spülen rund 500 Mal im Jahr jeweils eine Million Kubikmeter Wasser losen Sand und Sedimente zurück aufs offene Meer. Damit soll nicht nur das weitere Versanden des Mont Saint Michel verhindert, sondern nach und nach auch der schon abgesetzte Sand wieder fortgespült werden.

Die Wissenschaftler sind überzeugt, dass sich dadurch langfristig der mittlere Wasserstand in der Bucht, wo der Unterschied zwischen Ebbe und Flut bis zu 14 Meter ausmachen kann, um etwa 70 Zentimeter erhöhen dürfte. So wird der Berg wieder zur Insel.

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