Cogito, ergo ...
Es gibt Ereignisse, die neugierig machen: In Dresden-Neustadt findet am Wochenende das erste Philosophie-Festival statt: »Denkfiguren«. Debatten Vorträge, Filme, Lesungen: ein Wissenschaftsparcours. Plötzlich, in der Ankündigungseuphorie der Veranstalter, der so arg schröckliche Satz, man wolle »das Wissen der Welt aus den Büchern rausholen«. Das klingt nach Pogrom. Als würde das Wissen auf die Straßen getrieben, dort liegt es dann wie die Macht, und man weiß ja, was wird, wenn die Macht auf der Straße liegt. Es greifen stets die Falschen zu.
Das Wissen aus Büchern rausholen, das ist Plünderung. Und Philosophie als Festival, vielleicht ist das überhaupt eine arg faschingskostümierte Denkfigur. Sich wund denken, das wäre Philosophie - sich alles bunt denken, das ist ein Festival. »Gut, wenn der, der zu mir will, durch meine Bücher muss und nicht mehr herausfindet«, schrieb der Philosoph George Steiner. Damit meint er Mühe des Begreifens, Einsamkeit des Begreifens. Und Zweifel am Begreifen. Schwere Existenz. Ein Festival zeigt Leichtigkeit an, Schnuppersüße, Soforthilfe.
Nochmal: Neugier, klar. Aber eben auch wieder nicht. Man kann sich mit Philosophie beschäftigen, aber ob sie festivaltauglich ist? Eine Art Hirnwoodstock? Cogito, ergo sum. War das mal?. Ist jetzt, im Event-Bann: Ich denke, also konsumiere ich? hds
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