Die neue Inquisition

Kommentar von Christian Klemm

  • Lesedauer: 1 Min.

Ob Mohammed-Karikaturen oder befleckte Papstsoutane - Gläubige fühlen sich schnell gekränkt, wenn einer ihrer Heiligen ins Visier von Satire und Kritik gerät. Dabei erscheint die Aufregung doch reichlich fehl am Platz. Schließlich nimmt weder das eine noch das andere die Gläubigen ins Visier, sondern richtet sich gegen einen Aberglauben, der von einer Institution gepredigt, als allgemein verbindlich erklärt wird und keinen Widerspruch duldet. Wenn jetzt ein Bischof Gotteslästerung strafrechtlich verfolgen lassen will, erinnert das nicht nur an die Praxis der Heiligen Inquisition; es ist außerdem ein Versuch, die Trennung von Kirche und Staat noch weiter aufzuweichen, als sie es ohnehin ist. Dass er dabei Schützenhilfe aus der CSU erhält, zeigt, was diese Partei von der Trennung hält: nämlich gar nichts. Nicht umsonst werden im Freistaat beinahe in jedem Klassenzimmer christliche Kreuze aufgehängt.

Ein aufgeklärtes Staatswesen hat sich aus religiösen Belangen rauszuhalten. Denn Religion ist Privatsache. Die Aufgabe staatlicher Institutionen ist es, dafür zu sorgen, dass das so bleibt. Offenbar haben der fränkische Geistliche und Bayerns CSU-Innenminister Joachim Herrmann ein anderes Staatsverständnis. Eins, das gut ins 18. Jahrhundert gepasst hätte und nicht ins 21.

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