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Pest oder Cholera
Ulrike Henning über die vermeintliche Ausweglosigkeit bei den Kassenfinanzen
Die Zusatzbeiträge für die Krankenkassen müssten im neuen Jahr doch nicht erhöht werden, hieß es vor wenigen Tagen. Und in dieser Woche sollen Sparmaßnahmen beschlossen werden, damit das auch sicher ist. Eingespart werden aber soll bei den Krankenhäusern, deren Vertreter gerade erst leicht aufgeatmet hatten, als ihnen vier Milliarden Euro als Inflationsausgleich zugesagt worden waren. Davon soll nun fast die Hälfte doch nicht kommen: Viel Freude bei der Umsetzung der Krankenhausreform! So wird schon von vornherein Versorgungskapazität vernichtet, die man dann auch nicht mehr reformieren kann.
Eine weitere Sparandrohung betrifft die Krankenkassen selbst, die bei ihren Verwaltungen mehr haushalten sollen. Aber von hier kommen weitaus geringere Summen – wenn überhaupt. Denn etliche Kassen müssen ihre Reserven auffüllen, und ohne höhere Zusatzbeiträge sei das nicht möglich, heißt es.
Das ständige Hin und Her zu fehlenden Geldern im Gesundheitssektor ermüdet. Die Verweigerung von umfassenden politischen Lösungen ist hier aber Methode. Suggeriert wird, dass die Schuld bei den Akteuren liegt, nicht bei der Politik. Die schiebt momentan die Defizite nur hin und her, statt sich selbst ehrlich zu machen, etwa in Sachen der Milliarden, die den Kassen jährlich fehlen für die Versorgung von Bürgergeldempfängern. Hierfür müssen bereits jetzt die Versicherten insgesamt aufkommen.
Aus dem Gezerre um das Tischtuch, das an allen Seiten zu kurz ist, können Versicherte und Patienten nur schlussfolgern: Ihre Beiträge sind zu niedrig. Oder im Umkehrschluss: Die jetzige Versorgung ist zu teuer und muss schlechter werden. Noch haben wir nicht Pest und Cholera, jedoch ist die Wahl ähnlich schwierig.
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