Bei Gott bigott

Kommentar von Uwe Kalbe

  • Lesedauer: 2 Min.

Schon das Wort von der »gewerblichen Sterbehilfe« löst Grusel aus. Doch es handelt sich bei dem Begriff nicht um die Beschreibung eines Gruselschockers. Damit wird vielmehr ein Gesetzentwurf aus dem Bundesjustizministerium beschrieben. Auch die Umfrage, der zufolge ein größerer Teil der Bevölkerung Sterbehilfe befürwortet, suggeriert, diese Mehrheit befürworte damit einen neuen Erwerbszweig, den des Henkers für den privaten Bedarf. Um eine abartige Zunft geht es aber nicht, und Mord auf Bestellung ist es nicht, den Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger erlauben will, gleich gar nicht als Gewerbe. Sondern es geht darum, Menschen den letzten, den allerletzten Wunsch zu erfüllen, wenn sie in ihrer unerträglichen Lage auch noch so ohnmächtig sind, dass sie ihn sich nicht selbst erfüllen können. Wenn sie es könnten, wäre es immer noch ein Drama, aber eben kein Straftatbestand.

Um einen solchen aber geht es hier. In dem umstrittenen Gesetzentwurf, der das Verbot lockern will, soll Bestrafung ausbleiben, wenn ein naher Mensch dem Patienten auf dessen Wunsch beim Sterben hilft - auch, wenn es sich um einen Arzt handeln sollte. Dies ruft jetzt die vereinigte Fraktion der politischen Moralapostel auf den Plan. Doch nicht das Sterben an sich ist es, das diese in Gewissensnöte stürzt, sondern die bigotte Unterordnung des Menschen unter einen höheren Willen. Morgen stimmen sie wieder Bundeswehreinsätzen zu oder kürzen Menschen »aus Erziehungsgründen« lebensnotwendige Güter wie Wohnung, Strom und Nahrung. Ohnmacht auch hier mit zunehmender Todesfolge.

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