Bolls Gala reicht nicht

Deutschlands Tischtennismänner verlieren trotz Überraschung mit 1:3 im Halbfinale gegen China

  • Peter Hübner, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.

So nah dran und doch noch weg: Deutschlands Tischtennis-Herren um den überragenden Timo Boll schwankten nach der 1:3-Niederlage gegen Topfavorit China im Olympia-Halbfinale zwischen Stolz und Enttäuschung. »Wir haben die Chinesen ins Wanken gebracht, aber es hat immer noch nicht ganz gereicht«, kommentierte der WM-Dritte Boll ein Match, das 6000 Zuschauer faszinierte und das die scheinbar unbezwingbaren Chinesen mächtig zittern ließ. »Näher dran waren wir noch nie«, sagte der deutsche Verbandschef Thomas Weikert.

Chinas Cheftrainer Liu Guoliang hielt es am Montag in London kaum auf seinem Sitz. Sichtlich froh bedankte er sich nach dem Matchball seines Sieggaranten Ma Long mit Kusshand beim zahlenmäßig unterlegenen chinesischen Anhang. Der hatte gegen die lautstarken Anfeuerungen für »Timo« und »Dima« in der Halle das Nachsehen.

»Das war sensationell und großer Sport. Wenn die Motivation so bleibt, dann wird es Bronze«, lobte der deutsche Verteidigungsminister Thomas de Maizière die erbitterte Gegenwehr des deutschen Teams und die riesige Stimmung.

Im Mittelpunkt der Ovationen stand Boll. Nach seinem frühen Einzel-Aus im Achtelfinale wirkte der 31 Jahre alte Linkshänder wie ausgewechselt. Der Rekord-Europameister zwang den frisch gekürten Olympiasieger und Weltmeister Zhang Jike in vier Sätzen in die Knie.

»Ich bin froh, dass ich gezeigt habe, was ich spielen kann«,, sagte der Düsseldorfer nach seiner Weltklasseleistung, »Wenn einer so zurückkommt, zeigt das, was für ein Sportler in ihm steckt«, lobte Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig den Ausnahmespieler.

Bolls Ausgleich zum 1:1 war nicht die einzige Chance, um die Negativserie von 21 Niederlagen in 21 Pflichtländerspielen zu beenden. Im Auftakteinzel führte der Olympia-Dritte Dimitrij Owtcharow 9:7 im dritten Durchgang gegen Ma Long, ehe er vier Punkte in Serie abgab, darunter einen sogenannten Elfmeter. »Das war der Knackpunkt«, sagte der Bronzegewinner im Einzel. »Ich habe alles probiert. Solche Chancen müssen wir das nächste Mal nutzen.«

Bei einer deutschen 2:0-Führung wäre die Partie möglicherweise sogar mit einer Sensation ausgegangen. Doch so spielte das ungewöhnliche Spielsystem mit einem Doppel und vier Einzelbegegnungen China bei der Neuauflage des Olympia-Endspiels von Peking 2008 und des WM-Finales vom Mai in Dortmund in die Karten. Das Doppel Boll/Steger und der deutsche Meister Bastian Steger in seiner Partie gegen Ma Long hatten ziemlich klar das Nachsehen. »Da waren die Chinesen besser. Sie sind ein anderes Kaliber«, bekannte Bundestrainer Jörg Roßkopf.

Trainer und Spieler richteten den Fokus schnell auf das Spiel um Platz drei am Mittwoch. Gegner im Kampf um Bronze ist der Verlierer der Partie Südkorea gegen Hongkong (n. Red.). »Wenn wir so loslegen wie gegen China, dann haben wir eine gute Chance«, sagte Boll. »Unser Ziel ist eine Medaille«, unterstrich Roßkopf. Er will das Turnier mit dem zweiten Edelmetall nach dem für Owtcharow unbedingt positiv beenden..

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