Ist eine Modernisierung immer zu dulden?

Streit um den Anschluss an eine Gaszentralheizung

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Der Bundesgerichtshof (BGH) befasste sich unlängst mit dem Problem eines Modernisierungsfalles. Dabei ging es um den Ersatz einer vom Vormieter in der Wohnung eingebauten Gasetagenheizung durch eine Gaszentralheizung.

Der Bundesgerichtshof hat sich bei seiner Entscheidung mit der Frage zu befassen, auf welchen Zustand der Wohnung für die Beurteilung des Vorliegens einer Wohnwertverbesserung durch eine vom Vermieter beabsichtigte Modernisierungsmaßnahme abgestellt werden muss.

Auf diesen Fall und das dementsprechende BGH-Urteil vom 20. Juni 2012 (Az. VIII ZR 110/11) geht der Kieler Rechtsanwalt Jens Klarmann von der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft (DASV) näher ein.

Mieter zahlte Vormieter für Gasetagenheizung Ablöse

In dem entschiedenen Fall begehrt die Vermieterin von den beklagten Mietern gemäß § 554 BGB die Duldung des Anschlusses der Mietwohnung an die im Haus befindliche Gaszentralheizung. Die Wohnung der Beklagten verfügt über eine von der Vormieterin mit Zustimmung des früheren Vermieters und Rechtsvorgängers der Klägerin eingebaute Gasetagenheizung, für welche die Beklagten der Vormieterin eine Ablösesumme gezahlt haben. Zuvor wurde die Wohnung mit Kohleöfen beheizt.

Im Mai 2008 kündigte die Klägerin den Beklagten an, deren Wohnung durch eine Modernisierungsmaßnahme gemäß § 554 Abs. 2 BGB zum Zwecke der Energieeinsparung und der Wohnwerterhöhung an die im Haus vorhandene Gaszentralheizung anschließen zu wollen. Die hierdurch entstehenden Kosten bezifferte die Klägerin mit 2145 Euro, die von den Beklagten insoweit zu tragende monatliche Umlage mit 19,66 Euro. Die Beklagten stimmten der Modernisierung nicht zu.

Vorinstanzen entschieden zugunsten des Vermieters

Das Amtsgericht hat die auf Duldung des Anschlusses an die Gaszentralheizung gerichtete Klage abgewiesen. Das Landgericht hat auf die Berufung der Klägerin die Beklagten antragsgemäß verurteilt und dies damit begründet, dass der Einbau einer Gaszentralheizung im Vergleich zu der vom Vermieter bereitgestellten Ofenheizung eine Wohnwertverbesserung darstelle.

Das Landgericht urteilte: Maßgebend für die Beurteilung einer Verbesserung des Gebrauchswerts sei grundsätzlich der vom Vermieter zur Verfügung gestellte, nicht der vom Mieter - sei es auch mit Genehmigung des Vermieters - geschaffene Zustand. Dies sei hier die Ausstattung der Wohnung mit Kohleöfen.

Warum die Revision des Mieters Erfolg hatte

Die dagegen gerichtete Revision der beklagten Mieter hatte Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass bei der Frage, ob die vom Vermieter beabsichtigte Maßnahme eine Verbesserung der Mietsache darstellt, grundsätzlich auf den gegenwärtigen Zustand der Wohnung abzustellen ist. Unberücksichtigt bleiben lediglich etwaige vom (gegenwärtigen) Mieter vertragswidrig vorgenommene bauliche Veränderungen.

Der Vermieter verhielte sich widersprüchlich, wenn er einerseits dem Mieter erlaubte, die Mietsache auf eigene Kosten zu modernisieren, und andererseits bei einer späteren eigenen Modernisierung den auf diese Weise vom Mieter geschaffenen rechtmäßigen Zustand unberücksichtigt lassen wollte.

Eine solche Sichtweise schränkt die Dispositionsbefugnis des Vermieters nicht unangemessen ein. Denn der Mieter hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass der Vermieter ihm gestattet, selbst bauliche Veränderungen an der Wohnung mit dem Ziel einer Modernisierung oder Erhöhung des Wohnkomforts vorzunehmen.

Erteilt der Vermieter die Zustimmung zu baulichen Maßnahmen des Mieters, hat er es zudem in der Hand, diese an Bedingungen zu knüpfen und so sicherzustellen, dass die vom Mieter vorgenommenen Maßnahmen sich mit den von ihm beabsichtigten Investitionen in Übereinstimmung bringen lassen und - falls vom Vermieter gewünscht - dauerhaft in der Wohnung verbleiben.

Die Sache wurde an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit Feststellungen dazu getroffen werden können, ob in der Ersetzung der älteren Gasetagenheizung durch eine moderne Gaszentralheizung jedenfalls eine Maßnahme zur Energieeinsparung gemäß § 554 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 BGB zu sehen ist und aus diesem Grund ein Duldungsanspruch der Mieter besteht.

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