Werbung

Glücksgefühle in Moabit

4:0 siegt Viertligist BAK 07 über Hoffenheim

  • Lesedauer: 5 Min.

Metin Cakmak, Justin Gerlach, Kevin Kruschke heißen die neuen Berliner Fußballhelden: Mit ihren Treffern bescherten die Amateurfußballer aus Moabit ihrem Berliner Athletik Klub 07 einen historischen Pokalsieg: Das 4:0 gegen die TSG Hoffenheim war der höchste Sieg, den je ein Viertligist gegen einen Erstligisten im DFB-Pokal schaffte. Bereits in der 3. Minute traf Metin Cakmak zum 1:0, Justin Gerlach (31.), Kevin Kruschke (40.) erhöhten, ehe Cakmak zum 4:0 traf (49.) Nach dem Sieg sprach nd mit BAK-Manager Erdogan Dogan.

nd: Herr Dogan, wie müde sind Sie an diesem Sonntag? Viel gefeiert?
Dogan: Mir geht's gut. Ich bin ausgeschlafen, denn beim Feiern war ich nicht dabei, da waren die Spieler unter sich. Grad bin ich auf dem Platz und kümmer mich um unsere U 19 und unsere U 23.

Sie haben der Mannschaft schon vorher 25 000 Euro für den Sieg versprochen, Hatten Sie sich wirklich Chancen ausgerechnet?
Ja klar, wir hatten analysiert, dass wir durchaus unsere Chance haben könnten. Allerdings hätten wir nie mit einem 4:0 gerechnet. Das 1:0 in der 3. Minute kam mir eigentlich auch zu früh. Noch so viel Zeit für den Gegner! Doch dann habe ich mir immer wieder die Körpersprache unserer Spieler angesehen und die der Gegner, und dachte: Das kann doch nicht wahr sein, wir gewinnen.

Hat die Aussicht auf eine Prämie den Spielern geholfen?
Vielleicht, denn an der Höhe konnten sie sehen, dass sie ernst gemeint war. Hätte ich 100 000 Euro versprochen, hätten alle gewusst, dass ich nicht ernsthaft mit einem Sieg rechne. Außerdem hätte ich heute ein ernsthaftes Problem, die Summe auszuzahlen. Stattdessen haben sich nun Sponsoren gefunden, die die Prämie auf 50 000 Euro erhöht haben.

Haben Sie damit gerechnet, dass ein Erstligist wie Hoffenheim hier so schwach spielt?
Ich sag es andersherum: Wir waren richtig gut drauf. Nehmen Sie Justin Gerlach, ein junger Innenverteidiger, der 1,95 Meter groß ist. Der hat noch nie ein Pflichtspieltor für uns gemacht. Mit dem hab ich vor der Saison geflachst: Justin, dieses Jahr musst du sieben, acht Tore machen mit deiner Größe! Oder aber eines beim Sieg gegen Hoffenheim! Nach seinem 2:0 kam er zu mir gelaufen und sagte: Bitte sehr, so lautet meine Antwort!

Können Ihre Spieler vom Fußball leben?
Nein. Das verrät schon unser Etat von 300 000 Euro. Die einen gehen zur Uni oder zur Schule, die anderen haben alle Jobs. Meistens im Büro, denn körperliche Arbeit sollen die neben dem Fußball bitte nicht ausüben. Maurer wäre nicht der richtige Job. Schließlich trainieren wir hart, und zwar täglich - bis auf ein oder zwei Ruhetage.

Wie wichtig ist das Erreichen der 2. Runde des DFB-Pokals in finanzieller Hinsicht?
Wichtig ist das schon, für die 2. Runde bekommen wir 255 000 Euro. Mit den 100 000 Euro von der 1. Runde habe ich bereits für die kommende Saison schon so viel zusammen, wie unser Gesamtetat diese Saison beträgt. Aber das Wichtige an unserem Sieg war wirklich etwas anderes, glauben Sie mir: Wir wollten vor allem unseren BAK 07 gut verkaufen und Berlin würdig vertreten. Schließlich sind wir als Berliner Pokalsieger dabei.

Gegen Hoffenheim kamen 1500 Zuschauer ins Stadion, wie viele sind es sonst?
300, 400 manchmal auch 500. Am Sonnabend haben mir viele gesagt, wie gut es ihnen gefallen hat und dass sie wiederkommen wollen. Mal sehen, wie es nun wird. Ich hoffe auf jeden Fall, dass man den BAK künftig ernst nimmt und dass auch die mediale Präsenz unseres Klubs zunimmt.

Ist ein Aufstieg in die dritte Liga ein Thema? In den Profifußball?
Also, nach einem Sieg in DFB-Pokal kann ich nicht unsere Ziele neu definieren. Wir wollen in der Regionalliga gut mitspielen. Es ist doch ganz einfach: Red Bull Leipzig hat einen Etat von sechs Millionen, wir haben ein Zwanzigstel davon. wie kann ich da von Aufstieg reden? Außerdem wären wir darauf auch gar nicht vorbereitet. Wir wollen uns kontinuierlich verbessern, in der Jugendarbeit, in der Geschäftsstelle. Wir haben noch nicht die Strukturen für Profifußball.

In Ihrer Mannschaft kicken viele türkischstämmige Spieler. Vor ein paar Jahren gab es eine Kooperation mit dem türkischen Erstligisten Ankaraspor, während dieser Zeit hieß der BAK sogar Berlin Ankaraspor Kulübü. Gibt es heute noch Kontakte?
Nein, die Sache ist längst beendet. Hat nicht funktioniert. Die türkischen Klubs haben immer noch eine ganz andere Politik. Die geben lieber sechs, sieben Millionen Euro für einen altgedienten Mann aus und lassen den nach sechs Monaten wieder ziehen, anstatt hier einem Klub mit einer halben Million die Nachwuchsarbeit zu finanzieren. Dabei hätten die viel mehr von einem Engagement in einem kleineren Klub.

Interessieren sich denn heute türkische Klubs für Ihre Spieler?
Na klar. Für Metin Cakmak, der gestern zwei Tore erzielt hat, gibt es Interessenten, die Transferperiode endet ja erst am 31. August. Tja, vor dem DFB-Pokal sind 50 000, 60 000 Euro als Ablösesumme besprochen worden. Jetzt werden uns 200 000 geboten, und zwar sofort, ohne Bedingungen.

Und? Verkaufen Sie?
Auch für 300 000 Euro: Wir werden den Spieler nicht verkaufen, das steht definitiv fest.

Mit seinen Toren hat also Cakmak quasi für seinen Verbleib in der Mannschaft gesorgt? Den sie haben ja dank seiner Tore genug Geld eingenommen ...
So kann man es sehen. Metin Cakmak bleibt. Ich bin mir nämlich sicher, dass es so einen Spieler wie ihn kein zweites Mal in der zweiten Bundesliga gibt, vielleicht sogar in der ersten nicht.

Gespräch: Jirka Grahl

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal