Weltfremd

Kommentar von Jürgen Amendt

  • Lesedauer: 2 Min.

Das Internet, unendliche Weiten, ein Ort grenzenloser Informationsfreiheit … schön wär's. Der Zugang zu Informationen im weltweiten Datennetz wird mit dem Gesetzesentwurf für ein neues Leistungsschutzrecht im Internet weiter eingeschränkt. Und es sind diesmal keine politischen Motive, mit denen diese Beschränkung begründet wird. Vielmehr folgt die Bundesregierung den ökonomischen Interessen der großen Presseverlage, die auf ein exklusives Verbreitungsrecht für ihre in ihren Unternehmen produzierten Medieninhalte pochen.

Wer heute via Google beispielsweise auf Zeitungsartikel stößt, ist es gewohnt, unmittelbar auf diese Artikel zugreifen zu können. Folgt der Bundestag der Bundesregierung, wäre damit Schluss: Suchmaschinen dürften nur noch zu den jeweiligen Texten verlinken. Erst nach einem Jahr erlischt laut Gesetzesentwurf für Presseverleger »das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen«. Etwas nebulös ist im Gesetzesentwurf die Rede von Anbietern, die kein »gewerbliches Interesse« verfolgen und denen auch künftig ein freier Zugang erlaubt werden soll.

Ein solches Gesetz ist weltfremd, denn die Abgrenzung zwischen gewerblich und nicht-kommerziell ist im Internet schwierig; viele Blogger etwa verdienen mit ihrem Angebot durchaus Geld, auch wenn die wenigsten davon wirklich wirtschaftlich überleben können. Politische Gruppierungen und Initiativen sind darauf angewiesen, dass Informationen schnell verfügbar sind und weiterverbreitet werden können. Und nicht nur Blogger, Suchmaschinen und andere Anbieter im Netz sind von der geplanten Neuregelung betroffen. Auf die Nutzer kommen höhere Kosten zu, denn anfallende Lizenzgebühren würden an sie weitergegeben werden.

Die Bundesregierung ist ohne Not vor der Verlagslobby eingeknickt. Es stimmt zwar, dass der Urheberschutz im Internet besser gewahrt werden muss, doch der Gesetzesentwurf zum Leistungsschutzrecht bedient nicht die Interessen der Urheber, sondern die der Verwerter, in erster Linie die der großen Presseverlage. Offiziell heißt der Entwurf »Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes«; für die Urheber hat Schwarz-Gelb aber nur einen lapidaren Satz übrig: »Der Urheber ist an einer Vergütung angemessen zu beteiligen.«

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