Brisantes Gutachten

Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages für schärfe Korruptionsregeln im Bundestag

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 2 Min.
Seit Jahren verweigern sich die Fraktionen von Union und FDP schärferen Gesetzen zur Abgeordnetenbestechung und berufen sich dabei auf die Freiheit des Mandats. Dabei existiert bereits seit 2008 ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, das dieser Argumentation widerspricht. »nd« liegt dieses Papier nun vor.

Die Webseite »Frag den Staat« ist eine tolle Sache: Sie veröffentlicht Anfragen nach den Informationsgesetzen und hilft Bürgern, selber solche Anfragen an den Staat zu stellen. Man muss die entsprechende Suchmaske nur korrekt ausfüllen und ein paar Tage später erhält man elektronische Post. Auf diesem Wege ist ein äußerst interessantes Gutachten erhältlich, das viele Politiker von Union und FDP wohl am liebsten verschwinden lassen würden. Das Papier stammt aus dem Jahre 2008. Es wurde vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages erarbeitet und befasst sich mit »Rechtsfragen im Kontext der Abgeordnetenkorruption«.

Bislang blieb das Gutachten weitgehend unbeachtet. Wohl auch, weil es ein besonders peinliches Kapitel deutscher Innen- und Außenpolitik berührt. Bis zum heutigen Tag weigert sich die Bundesrepublik beharrlich, die UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC) zu ratifizieren, obwohl die Vereinbarung bereits von 161 Staaten umgesetzt wurde. Damit gehört die BRD zu einem kleinen Klub von Verweigerern wie etwa Sudan, Nordkorea oder Saudi-Arabien.

Der Grund für die deutsche Zurückhaltung: Um den Anforderungen der Konvention zu genügen, müsste vor allem Paragraf 108a des Strafgesetzbuches verschärft werden. Doch die Bundestagsfraktionen von Union und FDP mauern, geht es in dem Paragrafen doch um Abgeordnetenbestechung. Bisher ist diese sehr eng gefasst: »Eine Stimme zu kaufen oder zu verkaufen« wird demnach »mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft«. Alle anderen Formen der Korruption werden nicht erfasst.

Verteidiger des Status Quo, wie der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion Otto Fricke, berufen sich auf die Freiheit ihres Mandats, die sie »durch eine zu undifferenzierte Umsetzung der UN-Konvention gefährdet« sehen. Sie fürchten, dass strengere Gesetze die oftmals lukrativen Nebentätigkeiten unmöglich machen würden.

Das nun zugängliche Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes widerspricht dieser Argumentation. Ebenso wie die Oppositionsparteien fordern die Gutachter eine »Erweiterung oder Verschärfung« des Gesetzes. Zwar räumen die Autoren ein, dass ein völliges Verbot von Nebentätigkeiten für Abgeordnete »verfassungsrechtlich unzulässig« sei. Jedoch spreche nichts dagegen, »übermäßig dotierte Nebentätigkeiten unter den Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung« zu stellen.

Schon jetzt gibt es Gesetzentwürfe der Opposition, die Abgeordnete eher wie Amtsträger - also Beamte oder Minister - behandeln wollen. Für Amtsträger gelten viel strengere Regeln. Sie dürfen im Gegensatz zu Mandatsträgern so gut wie keine Geschenke annehmen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal