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Erfolgreicher Protest an der Narmada

Hartnäckige Aktion zwingt indische Behörden zum Einlenken

  • Hilmar König
  • Lesedauer: 3 Min.
Eine ungewöhnliche Protestaktion ist nach 16 Tagen mit einem Teilerfolg zu Ende gegangen. 51 Frauen und Männer hatten im indischen Unionsstaat Madhya Pradesh, bis zum Hals im Wasser stehend, die Flutung des Omkareshwar-Staudammes verhindern wollen.

Sie haben Blasen an den Füßen und überall am Körper aufgeweichte, entzündete Hautpartien, aber ihr Wille ist ungebrochen. Am Montag nahmen die 51 Protestierenden die Kunde entgegen, dass die Regierung des Unionsstaates ihren Forderungen weitgehend nachgegeben hat.

Die Kleinbauern und ihre Angehörigen hatten zum letzten Mittel gegriffen - friedlichem Widerstand nach Gandhis Art. Ihre Aktion nannten sie »Jal Satyagraha«. Sie wollten im steigenden Wasser des Stausees ausharren, bis ihr Anliegen Gehör bei den Behörden findet, oder ertrinken!

So weit kam es glücklicherweise nicht. Die 51 »Oustees« (Vertriebene) verlangten, zunächst die Flutung aufzuhalten, um zu verhindern, dass Haus, Hof und Ackerland, ihre Existenzgrundlage, im Stausee versinken. Zudem wollten sie eine angemessene Entschädigung.

2500 Familien hatten sich mit Eingaben an Indiens Höchsten Gerichtshof gewendet. Sie beklagten, entweder gar nicht, ungenügend oder nicht zweckmäßig entschädigt worden zu sein. Eigentlich hätten alle Betroffenen mindestens sechs Monate vor der Flutung des Stausees umgesiedelt werden sollen. Ihre Lebensgrundlage sollte durch die Zuteilung von mindestens zwei Hektar Ackerland gesichert werden. Doch das passierte in den wenigsten Fällen. Hunderte wurden bereits vertrieben. In 30 von der Überflutung gefährdeten Dörfern leisteten die Bewohner Widerstand gegen das Omkareshwar-Projekt. In den Dörfern Ghogalgaon und Khardana entschloss man sich zur »Jal Satyagraha«.

Das Kraftwerksprojekt gehört zur Kette von 30 Staudämmen an der Narmada, dem heiligen Fluss. Das Projekt wurde von der staatlichen Narmada Hydroelectric Development Corporation in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Voith Siemens zwischen 2002 und 2007 verwirklicht.

Dass die Regierung jetzt einlenkte, lag an der Entschlossenheit der Oustees, den Tod in Kauf zu nehmen, und an vielseitiger Unterstützung durch die Umweltorganisation »Rettet die Narmada«, die Menschenrechtskommission von Madhya Pradesh, die Asiatische Menschenrechtskommission und Tausende Betroffene. In Bhopal, der Hauptstadt des Unionsstaates, gab es eine beeindruckende Solidaritätsdemonstration, an der sich Gewerkschaften, die KPI (Marxistisch) und andere linke Gruppen beteiligten. Auch aus Deutschland kam Unterstützung. Heffa Schücking, Geschäftsführerin der Organisation Urgewald, besuchte das Gebiet und erklärte: »Es ist eine Schande, dass Voith Siemens sich an diesem Projekt beteiligt hat. Auf ihrer Webseite feiert die Firma den Omkareshwar-Damm als großen Erfolg, der ihr weitere Aufträge in Indien bescheren wird. Sie trägt Mitverantwortung dafür, dass nun 50 000 Menschen einfach aus ihren Dörfern geflutet werden.«

Madhya Pradeshs Chefminister Shivraj Singh Chauhan versprach nun, dass der Wasserspiegel des Stausees gesenkt wird und die Oustees Ersatzland erhalten werden. Eine Kommission soll alle Forderungen der Protestierenden gewissenhaft prüfen. Die wollen unterdessen so lange im Wasser ausharren, bis der Pegel spürbar sinkt. »Rettet die Narmada« sprach von einem Teilerfolg, weil die Hauptaufgabe unbewältigt bleibt: eine vernünftige Umsiedlung mit sozialer Rehabilitation aller am Stausee lebenden Menschen. nd-Karte: Wolfgang Wegener

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