Strandspiele bei der Luftwaffe

Werbeaktion der Bundeswehr verstößt laut »terre des hommes« gegen die UN-Kinderrechtskonvention

  • Michael Schulze von Glaßer
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Bundeswehr wirbt auf den Internet-Seiten des Jugendmagazins BRAVO für zwei »Adventure Camps«. Über die harte Einsatzrealität wird kein Wort verloren.
»Liebst Du das Abenteuer? Suchst Du die Herausforderung? Bist Du top fit?« Diese Fragen werden den jungen Lesern der BRAVO auf der Website des Jugendmagazins gestellt. Es ist eine Werbung für die »Bundeswehr Adventure Camps 2012«. »Action, Adrenalin, Abenteuer! Die Herausforderung deines Lebens wartet auf dich«, heißt es in einem Bundeswehr-Werbefilm auf dem YouTube-Kanal der BRAVO. Die Armee verspricht bei den zwei Camps bei der Luftwaffe auf Sardinien und den Gebirgsjägern in den Berchtesgadener Alpen »krasse Wasserwettkämpfe«, »crazy Strandspiele«, »coole Beachpartys« und »Lagerfeuer-Partys« an einer »coolen Bundeswehrhütte« – für die 60 Teilnehmer komplett gratis. Von der harten Einsatzrealität ist bei der Werbung für die im Oktober stattfindenden Ferienlager keine Spur. Deshalb organisiert sich zunehmend Widerstand gegen die Kooperation von Bundeswehr und BRAVO.

Angefangen hat es mit einer Online-Petition des Kinderhilfswerks »terre des hommes«. In der – noch laufenden – Petition kann man Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) und Alexander Gernandt von der »Bauer Media Group«, bei der die BRAVO erscheint, auffordern, die Werbung zu unterlassen. Laut dem Kinderhilfswerk verstößt die »irreführende Reklame« gegen die UN-Kinderrechtskonvention, die den Schutz von Kindern an oberste Stelle setzt. Mittlerweile haben mehrere tausend Menschen die Petition unterzeichnet. Mehr als 1300 Leute unterstützen eine Protest-Gruppe im sozialen Netzwerk Facebook gegen die Bundeswehr-BRAVO-Kooperation. Die Gruppe bietet Vorlagen für Protest-E-Mails an den Verteidigungsminister und dient als Diskussionsplattform.

Auch Parteien sind mittlerweile auf das Thema aufmerksam geworden. Die LINKE fordert »ein Ende aller Werbemaßnahmen der Bundeswehr, die auf Minderjährige gerichtet sind«. Grünen-Politikerin Agnieszka Brugger hält die Art der Werbung für »nicht akzeptabel«. Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, spricht von »falschen Auswüchsen« in der Bundeswehr-Nachwuchsgewinnung.

Das Verteidigungsministerium will dennoch an der Bundeswehr-Kooperation mit der BRAVO festhalten und weist den Vorwurf eines Verstoßes gegen die UN-Kinderrechtskonvention zurück. Auch die »Bauer Media Group« hat mittlerweile auf die Proteste reagiert. Die mit ablehnenden Äußerungen gefüllten Kommentarleisten unter den Bundeswehr-Werbefilmen wurden gelöscht, einige Filme sogar ganz aus dem Netz genommen. Dennoch sieht der Verlag offiziell kein grundsätzliches Problem in der Werbung. »Die Bundeswehr ist Teil der Zivilgesellschaft, zudem bietet sie ein breites Angebot an Ausbildungsberufen an«, heißt es in einer Stellungnahme. Für den Verlag geht es um viel Geld. Während die Bundeswehr für die Camps 40 000 Euro ausgibt, soll die Armee sich die Kooperation mit der BRAVO dieses Jahr 200 000 Euro gekostet haben lassen. Trotzdem kündigte die »Bauer Media Group« an, mit »terre des hommes« reden zu wollen und die Proteste für die kommenden Verhandlungen mit der Bundeswehr über die »Adventure Camps 2013« im Hinterkopf zu behalten. Dann wird sich zeigen, was beim Bauer-Verlag einen höheren Stellenwert hat: Geld oder Moral.
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