Kollektiv versagt

Kommentar von Christin Odoj

  • Lesedauer: 2 Min.

Die EU-Kommissarin für Inneres, Cecilia Malström, hat es einmal ganz hübsch auf den Punkt gebracht. »Die europäischen Versprechen, Menschen in Not zu helfen, wurden in jüngster Zeit gründlich auf die Probe gestellt und Europa hat bei dieser Prüfung kollektiv versagt«, schrieb sie in einem Zeitungsbeitrag.

Die Janusköpfigkeit, mit der europäische Staaten, insbesondere Deutschland, gern argumentieren, wenn es um Flüchtlingspolitik geht, ist haaresträubend. Wenn auf der einen Seite, egal ob es um Syrien oder Weißrussland geht, keine Stellungsnahme ohne den Verweis auf Menschenrechtsstandards auskommt, dann ist das eine Sache. Dann aber noch mit dem Finger auf andere zu zeigen, wie es Innenminister Friedrich vor einiger Zeit im Falle Griechenlands und dessen Unvermögen, der Flüchtlingsströme Herr zu werden, tat, ist die andere. Dass es ständig zivilgesellschaftlichen und zur Not gerichtlichen Drucks bedarf, ehe sich in Berlin oder Brüssel etwas zugunsten des Flüchtlingsschutzes bewegt, macht die Friedrichs dieses Europas zu echten Heuchlern. So waren es 24 Flüchtlinge und nicht etwa die Staatengemeinschaft, die gegen den noch unter Berlusconi verabschiedeten Freundschaftsvertrag mit Libyen in Straßburg klagten, der es Italien ermöglichte, Flüchtlinge ohne Verfahren zurückzuschicken - und sie bekamen recht. Und in Deutschland muss erst das Bundesverfassungsgericht entscheiden, dass allen hier lebenden Menschen ein menschenwürdiges Existenzminimum zusteht.

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