Ich bin Nutzer eines Wochenendgrundstückes. Bei Abschluss des Pachtvertrages standen bereits etliche Bäume dort. Durch den Jahrhundertsturm ist ein Baum umgestürzt und hat Schaden auf dem Nachbargrundstück angerichtet. Wer haftet für den angerichteten Schaden?
Otto G., Berlin
Grundsätzlich gilt: der Baumeigentümer. Das ist in diesem Fall der Grundstückseigentümer. Hat der Nutzer den Baum gepflanzt, ist er der Haftungspflichtige. Im Rahmen der allgemeinen Haftungsgrundlage nach § 823 BGB obliegt dem Baumeigentümer eine Verkehrssicherungspflicht für den Zustand seiner Bäume, sofern das nicht durch den Nutzungs- oder Pachtvertrag ausdrücklich auf den Nutzer übertragen wurde.
Eine regelmäßige Sichtkontrolle, die zweimal im Jahr - im belaubten und unbelaubten Zustand - erfolgen muss, ist Voraussetzung für den Grundstückseigentümer auf einen Schadensersatzanspruch. Den Kausalitäts- und Verschuldensnachweis muss der Geschädigte erbringen. Es ist also ratsam, dass der Nutzer den Grundstückseigentümer rechtzeitig und nachdrücklich auf Gefahren aufmerksam macht. Soweit der Rat von WILLIBALD FALKERT vom Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümerverein Niederbarnim Süd.
Nach den Erfahrungen des verheerenden Juli-Sturms muss noch hinzugefügt werden: Genügt der Baumeigentümer seiner Verkehrssicherungspflicht und ist der Baum widerstandsfähig gegenüber den normalen Einwirkungen der Naturkräfte, so haftet der Eigentümer nicht, wenn der Baum infolge eines ungewöhnlich heftigen Sturms auf das Nachbargrundstück stürzt und dort Schaden anrichtet. Das bestimmte ein Urteil des Bundesgerichtshofes vom 23. April 1993, Az. V ZR 250/92 (Hans Reinhold Horst, »Nachbars Garten - Paradies verbotener Früchte oder Zankapfel der Nation?«,Verlag Haus & Grund).
Doch in jedem Fall ist vorbeugen wesentlich besser als heilen. Regelmäßige Kontrolle muss ganz groß geschrieben werden. Droht Gefahr von Bäumen sollte der Grundstücksnutzer - mit schriftlichem Einverständnis des Grundstücks- und Baumeigentümers - einen Antrag auf Fällung oder Kronenkürzung bei der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde beim Amt des Landkreises stellen. Die Kosten für die rechtzeitige Beseitigung des beschädigten Baumes trägt der Baumeigentümer. Doch ein vernünftiges Verhältnis zwischen Nutzer und Eigentümer kann zu einer einvernehmlichen Lösung führen, die sich vielleicht günstig auf die weitere Gestaltung des Nutzungsentgelts auswirkt.
Ist erkennbar, dass ein Baum auf einem Grundstück so altersschwach oder gar morsch ist, dass er beim nächsten Herbststurm umstürzen und Schaden anrichten wird, darf auch der bedrohte Grundstücksnachbar selbst Schutzmaßnahmen ergreifen und kann, soweit dies erforderlich ist, das fremde Grundstück betreten (Christoph Kochenburger »Nachbarrecht - nur (k)einen Streit vermeiden«, Verlag Bauwesen Berlin).
Was die Versicherungen angeht, so kommt es darauf an, we r für w a s versichert ist. Viele Grundstücksnutzer haben zu DDR-Zeiten eine Police abgeschlossen, die den eigenen Bungalow, andere Baulichkeiten und Anpflanzungen gegen Elementarschäden also auch gegen Sturm versicherte. Wer sie noch hat, ist fein raus.
Liegt keine Versicherung vor, sollten sich Grundstücksnutzer und Eigentümer über das Weitere einigen, ihre Versicherungsgeber konsultieren oder sich notfalls bei der Stiftung Warentest über die günstigste Versicherung kundig machen. Der Grundstückseigentümer ist für alles, was ihm gehört, verantwortlich, der Nutzer für Seines. Es sei denn, der Pacht- oder Nutzungsvertrag sagt ausdrücklich etwas anderes.RBL
Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!