»Ungeheuerliche Unterstellung«

DDR-Ex-Funktionäre Katzur und Tünnemann fallen gelassen

  • Eric Dobias und Frank Kastner
  • Lesedauer: 2 Min.
Die mit Doping- und Stasivorwürfen konfrontierten Sportfunktionäre Harold Tünnemann und Klaus Katzur werden künftig nicht mehr als persönliche Mitglieder im Nationalen Olympischen Komitee (NOK) für Deutschland vertreten sein. Dies gab NOK-Präsident Walther Tröger nach der Präsidiumssitzung bekannt. Tünnemann habe eine Empfehlung akzeptiert, dass seine persönliche Mitgliedschaft im NOK und im Direktorium des Deutschen Olympischen Instituts (DOI) nicht fortgeführt werden soll. Katzur, der momentan alle Ämter ruhen lässt, werde laut Tröger nicht für eine Wiederwahl vorgeschlagen. Mit beiden Fällen beschäftigt sich derzeit die Stasi-Kommission des Deutschen Sportbundes (DSB) unter dem Vorsitz von Hanna-Renate Laurien (CDU). Tünnemann soll zu DDR-Zeiten in das so genannte Zwangsdoping involviert gewesen sein. Der ehemalige Vizepräsident des Deutschen Ringer-Bundes (DRB) bestreitet die Vorwürfe. »Ich war weder wissenschaftlich noch in irgendeiner Weise praktisch in das Anabolika-Dopingsystem der DDR eingebunden. Von 1970 bis 1979 war ich als Forschungsgruppenleiter für die methodische Arbeit im Ringen verantwortlich.«, sagte Tünnemann auf Nachfrage. Die Stasi-Kommission des DSB hatte zuletzt am 1. Februar dieses Jahres »keine aktive Verstrickung Tünnemanns in das Doping-System der ehemaligen DDR« feststellen können. Nun untersucht sie Vorwürfe, wonach der Sportwissenschaftler durch den Staatssicherheitsdienst der DDR begünstigt worden sei. Tünnemann nennt das eine »ungeheuerliche Unterstellung«. Er war 1979 wegen angeblich geplanter Republikflucht und Geheimnisverrats verhaftet und 1994 in einem Verfahren rehabilitiert worden. »Die circa 1000 Seiten meiner Stasiakte sind ein Abbild des menschenverachtenden Systems der Stasi. Was das aktuelle Verhalten einiger Menschen in der Gegenwart anbelangt, fühle ich mich persönlich in diese Zeit zurückversetzt«, sagte Tünnemann, der zur Wahrung seiner Rechte eine Kanzlei eingeschaltet hat. Katzur sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, er habe zwischen 1966 und 1973 sowie zwischen 1978 und 1982 unter dem Decknamen »Karl Maier« als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) für die Stasi gearbeitet. Dies hatte der ehemalige Weltklasse-Schwimmer bestritten. Er habe nie eine Erklärung unterschrieben. Seine Ämter als Präsident des Sächsischen Schwimmverbandes (SSV), als Präsidiumsmitglied der Deutschen Olympischen Gesellschaft (DOG) und als Vorsitzender der Gesellschaft Deutscher Olympia-Teilnehmer (GDO) lässt Katzur bis zur Klärung der Vorwürfe ruhen.

Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen

Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.