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Ryder Cup: Wenn Millionäre den Hals nicht voll bekommen
Eine Debatte zu Bezahlungen überschattet den Start des Ryder Cups der besten Golfer aus Europa und den USA
Patrick Cantley war beim Ryder Cup 2023 in Rom der zweitbeste US-Golfer. An seine Leistungen während des alle zwei Jahre stattfindenden Wettstreits zwischen den je zwölf besten Golfern aus den USA und Europa erinnert sich jedoch kaum jemand. Vielmehr blieb im Gedächtnis, dass Cantley trotz heftigster Sonnenstrahlen in Italien keinen Hut getragen hatte. Schnell verbreitete sich damals das Gerücht, er verzichte auf das Basecap mit der Aufschrift USA, um dagegen zu protestieren, dass er ausgerechnet bei einem der größten Golfturniere nicht bezahlt wird.
Cantley sagt bis heute, der Hut sei zu klein gewesen. Doch siehe da: Beim Ryder Cup 2025, der an diesem Freitag in der Nähe von New York beginnt, erhalten die US-Profis erstmals eine echte Antrittsprämie. In den Augen vieler Fans ein kleiner Skandal: Da sollen Millionäre einmal nur um die Ehre spielen und bekommen doch den Hals nicht voll.
Was Europas Anhänger davon halten, hatten sie schon in Rom sichtbar gemacht: An jedem Grün begrüßten sie Cantley mit hämisch geschwenkten Hüten. Dass ihre Lieblinge auch noch klar gewannen, sorgte zusätzlich für ausgelassene Stimmung. Nun wird auf der anderen Seite des Atlantiks abgeschlagen, doch das Thema steht erneut im Mittelpunkt.
Der Ryder Cup, organisiert von der PGA of America auf der einen Seite und einer Kombination aus Europa-Tour und der PGA of Europe auf der anderen, ist einzigartig, weil den besten Spielern nur hier kein Preisgeld gezahlt wird. 1999 setzten die Amerikaner zwar durch, dass sie jeweils 200 000 US-Dollar erhalten, allerdings muss das Geld für wohltätige Zwecke gespendet werden. Die Summe wurde jetzt auf 300 000 erhöht, obendrauf kommt aber noch ein mit dem Euphemismus »Stipendium« getarnter Betrag von 200 000 Dollar, über den der Spieler frei entscheiden kann.
US-Kapitän Keegan Bradley versuchte am Montag, dem einen positiven Spin zu geben: »Die Spenden wurden ja seit 26 Jahren nicht erhöht. Und das ist die beste Lösung, die wir erreichen konnten. Es ist nun die Entscheidung jedes Einzelnen, was er mit dem Geld macht. Ich werde alles spenden.« Seine Spieler seien alle »gute Jungs«, die auch sonst viel Geld an wohltätige Organisationen spendeten. Sie redeten nur nicht darüber, damit nicht der Eindruck entstehe, sie würden es nur der Publicity wegen tun.
»Wir werden von etwas angetrieben, das man mit Geld nicht kaufen kann.«
Luke Donald Europas Ryder-Cup-Kapitän
Der Ire Paul McGinley, selbst dreimal als Spieler und einmal als Kapitän mit Europa Gewinner des Ryder Cups, mag die Entwicklung dennoch nicht. Er erinnerte daran, dass die durchaus riesigen finanziellen Gewinne aus dem Cup den Organisatoren zugutekämen, die ansonsten an der Basis des Sports arbeiteten. »Sie helfen, jungen Spielern den Weg an die Spitze zu ebnen. Und sie bringen Menschen überhaupt zum Sport. Mit dem Geld werden allein in den USA 30 000 Golflehrer bezahlt. Es wäre wirklich schade, sollten die jetzt weniger bekommen, denn die Profis verdienen schon extrem viel.«
Die Europäer verlangen übrigens keine Gage. Sie wissen, dass ihre heimatliche Tour abhängig von den Einnahmen aus dem Ryder Cup ist. Außerdem profitieren sie ohnehin schon davon, es ins Team geschafft zu haben: Sponsoren zahlen teils sechsstellige Boni für die Qualifikation, und nach der Karriere winken lukrative Jobangebote für ehemalige Ryder-Cup-Profis.
Zudem scheint den europäischen Stars eher bewusst zu sein, wie schlecht die Forderung nach Bezahlung wirkt, wenn Fans mindestens 750 Dollar (rund 640 Euro) für das billigste Ticket an einem der drei Wettkampftage von New York zahlen sollen, eine Verdopplung seit dem letzten Turnier in den USA 2021. Mehr als 150 Millionen Dollar dürfte allein dieses Wochenende an Gewinn in die Kassen der PGA of America spülen. Dazu kommen noch jährlich knapp 24 Millionen aus TV-Verträgen. Das allermeiste davon wird aber später an der Basis verteilt.
Die US-Profis argumentieren dennoch, sie seien sowohl das vermarktete Produkt als auch die Arbeitskraft auf dem Platz. Also sollten sie auch an den Gewinnen beteiligt werden. Ein Argument, das vor wenigen Jahren bei zuvor unbezahlten College-Sportlern überall Anklang fand. »Aber für diese Golfer geben die Organisatoren schon viel Geld aus: für Flüge, Geschenke, Unterkünfte, Gala-Dinner, Kleidung«, erinnert der amerikanische Ex-Profi Rich Beem. Außerdem habe jeder Spieler in den vergangenen zwei Jahren mindestens fünf Millionen Dollar an Preisgeld eingenommen, sonst hätten sie sich nicht für den Ryder Cup qualifiziert. »Auch wenn ich als Amerikaner immer meine Landsleute anfeuern werde, fühlt sich das einfach nicht richtig an«, so Beem.
Europas Kapitän Luke Donald nutzt den moralischen Unterschied nun als zusätzlichen Motivationsschub für sein Team. In seiner Eröffnungsrede sagte der Engländer am Mittwochabend: »Wir werden von etwas angetrieben, das man mit Geld nicht kaufen kann.«
Patrick Cantlay will übrigens seine gesamten 500 000 Dollar spenden, versprach er kurz vor dem Start der diesjährigen Ausgabe. Ob sich in zwei Jahren noch jemand daran erinnern wird, ist mehr als fraglich.
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