Werbung

Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

Einsamer Wolf

  • Lesedauer: 2 Min.

Auf dem weiten Feld der russischen Literatur in der UdSSR war ich ein einsamer literarischer Wolf. Man hat mir geraten, mein Fell zu färben. Ein dummer Rat. Ein Wolf, ob gefärbt oder geschoren, wird dennoch nicht wie ein Pudel aussehen. Man ist mit mir umgegangen wie mit einem Wolf. Mehrere Jahre lang hat man mich gejagt nach den Regeln der literarischen Hatz im umzäunten Hof.

Ich hege keinen Groll, aber ich bin sehr müde und bin Ende 1929 zusammengebrochen. Auch ein Tier kann ja ermüden. Das Tier hat erklärt, daß es kein Wolf mehr ist, kein Schriftsteller. Es verzichtet auf seinen Beruf. Es verstummt. Das ist, offen gesagt, Kleinmut.

Es gibt keinen Schriftsteller, der verstummt. Wenn er verstummt, war er kein wirklicher Schriftsteller.

Wenn ein wirklicher Schriftsteller verstummt ist, muß er sterben.

Der Grund für meine Krankheit - das langjährige Gehetztwerden und das darauffolgende Schweigen...

In den Jahren meiner Arbeit als Schriftsteller haben Parteilose wie Parteimitglieder mir eingeredet, daß ich von dem Moment an, als ich die erste Zeile schrieb und veröffentlichte, bis zum Ende meines Lebens niemals andere Länder sehen wurde.

Wenn das stimmt, ist mir der Horizont versperrt, ist mir die höchste Schule des Schriftstellers genommen, und ich habe nicht die Möglichkeit, gewaltige Fragen für mich zu entscheiden. Mir ist die Psychologie des Häftlings aufgezwungen.

Wie soll ich mein Land besingen, die UdSSR?

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal