Saalöffner

  • Peter Liebers
  • Lesedauer: 2 Min.
Dem 55-jährigen Jenaer Professor Johannes Scheele wurde die Leitung der chirurgischen Klinik der Friedrich-Schiller-Universität entzogen.
Prof. Johannes Scheele wurde per Ministerentscheidung in dieser Woche die Leitung der Universitätsklinik für Allgemeine und Viszerale Chirurgie der Friedrich-Schiller-Universität Jena entzogen. Nach Abwägung aller Gesichtspunkte sei eine störungsfreie Zusammenarbeit zwischen ihm und dem Vorstand des Universitätsklinikums nicht mehr gewährleistet, teilte das Thüringer Wissenschaftsministerium mit und benannte inzwischen auch schon eine Nachfolgerin. Gegen Scheele läuft seit Monaten ein internes Disziplinarverfahren, weil er sein Zentrum für Lebertransplantationen von November 2001 bis Juni 2002 bei der Organvermittlungszentrale im holländischen Leiden abgemeldet hatte - angeblich wegen fehlender Operationskapazität. Medienberichten zufolge soll der 55-jährige Professor öfter in Bagdad gewesen sein, das als ein Zentrum des Organhandels und illegaler Transplantationen gilt. Hinzugekommen ist inzwischen der Verdacht der Beteiligung an der Nierentransplantation bei einem israelischen Patienten. Scheele soll seinem Essener Kollegen Christoph Broelsch assistiert haben, als der im Dezember 2001 in Jena die Niere eines Moldawiers implantierte. Der Spender war als Neffe des Patienten ausgegeben worden. Diese Legende hat der Sohn des inzwischen verstorbenen Empfängers zerstört und ausgeplaudert, dass für das Organ »mehrere hunderttausend Dollar« bezahlt worden seien. Diesen Verdacht hegte seinerzeit offenbar schon die Düsseldorfer Lebendspende-Kommission, die den ursprünglich in Essen geplanten Eingriff ablehnte. In dieser Situation öffnete Scheele Broelsch die Türen seines Jenaer OP-Saales. In der Saalestadt existierte damals nur eine provisorische Kommission, die keine Einwände erhob. In Essen ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft in drei Fällen von Organtransplantation, allerdings nicht gegen Mediziner, sondern gegen Spender, Empfänger und Vermittler. Auch in Jena laufen Ermittlungen wegen unterlassener Hilfeleistung im Zusammenhang mit der Abmeldung in Leiden. Von der Unterbrechung der Transplantationen waren Patienten und Angehörige nicht informiert worden. Mindestens sieben Patienten, die auf ein Spenderorgan warteten, sollen in der Zeit gestorben sein. Scheele, der auch dem wissenschaftlichen Beirat der Burda-Stiftung angehört, weist alle Vorwürfe zurück. Sein Anwalt hat den inzwischen in Jena verfügten Transplantationsstopp als ungerechtfertigt bezeichnet und rechtliche Schritte angekündigt.

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