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Wenig Rotlicht und viel Normalität beim Hurenball

  • Lesedauer: 2 Min.

Frankfurt/Main. Schräg, schrill und grell - „Tutti Nutti“ eben hatten sich wohl die meisten Gäste versprochen. Nach drei Tagen Diskussion hinter verschlossenen Türen aber geriet der 2. Frankfurter Hurenball zum ganz und gar unspektakulären Spektakel.

Schon während ihres Kongresses hatten sich die aus ganz Europa angereisten Prostituierten eher „bedeckt“ gezeigt - ihre Tagungsorte hielten die mehr als 200 „Sexarbeiter“ streng geheim. Die von ihnen erhobene Forderung, ihre Arbeit als ganz normalen Beruf anzuerkennen, wurde auch den' Medien

nur per Telefax zugänglich. Zum Hurenball allerdings durfte jeder kommen - jeder, der ihr Anliegen unterstützte und dafür bezahlte.

Schwarze Lederminis aber blieben in der Minderheit, sensationslüsternen Besuchern wurde ein jugendfreies Programm geboten. „Wenig Wahres für viel Geld“ murrte denn auch ein enttäuschter Ballgast über den „Discoabend mit Showeinlage“. Eine „von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellte“ Georgette Dee habe mit ihrer Travestienummer daran wenig ändern können, leicht unterkühlt blieben die Gäste auch beim etwas hastig vor-

getragenen Striptease eines Mike Ice.

„Wir wollen kein Freiwild sein, auch wenn wir öffentliche Frauen sind“, hatten Sprecherinnen des Gastgebers, der Selbsthilfegruppe „Huren wehren sich gemeinsam“, den Ausschluß von Fotografen und Kameraleuten begründet. Unerfüllt blieb der Wunsch nach „mehr Strapsen und so“. Mancher Besucher fand sich dagegen in eine Diskussion darüber verwickelt, warum die Prostituierten ihren Service als gesetzliche anerkannte Dienstleistung verstanden wissen wollen.

„Raus aus der rechtlichen Grauzone, überall anerkannte Arbeitsschutzrechte muß es auch für uns geben“, hatten sich die Tagungsteilnehmer gegen die Doppelmoral der Gesellschaft stark gemacht, die dem ältesten Gewerbe den Stempel der Sittenwidrigkeit aufdrückt, obwohl sich - so Schätzungen der Hurenbewegung - fast eine Million Kunden tagtäglich ins Rotlichtmilieu begeben. Beim Hurenball war davon nur wenig zu entdecken -„so hätte er auch in Pusemuckel stattfinden können“, befand ein Gast. SUSANNE LAUX, dpa

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