Junge Mädchen, alte Säcke

Madrigalkomödie von Adriano Banchieri in Schwedt

  • Laura Naumburg
  • Lesedauer: 2 Min.
Junges Opernensemble für Alte Musik« - als solches sehen sich »I Confidenti«, »Die Zuversichtlichen«. Immerhin hat die in der schönen Prignitz angesiedelte Truppe am 1. Mai ihre zweite Produktion herausgebracht, Adriano Banchieris Madrigalkomödie »La Pazzia Senile oder Alter schützt vor Torheit nicht«. Ort der Premiere war das ansonsten kaum als Opern-Eldorado bekannte Schwedt. Das von Alexander Weimann am Cembalo angeführte Sechs-Mann-Originalinstrumente-Orchester, zwei Geiger und vier Continuo-Spieler, gehört mit allen seinen Mitgliedern zur allerersten Interpreten-Liga der Alten Musik. Auch das singende Personal, zwei Sopranistinnen, ein Altus, Tenor, Bariton, Bass, ist nicht nur in der Berliner Off-Opernszene bekannt und sehr wohl gelitten. Adriano Banchieris frühbarockes Liederspiel ist eine Commedia-dell'arte-Geschichte nach wohlbekanntem Muster: Pantalone, wie immer alt und geizig, will sich im Karnevalsrausch an die kecke Lauretta heranmachen. Sein Werben schlägt ebenso fehl wie der Heiratsplan für seine Tochter. Die nimmt nicht den alten, aber reichen Dottore, sondern den jungen Kavalier. Arleccino und Colombine managen die Sache. Banchieri hat die Story in mehrstimmigen Madrigalen erzählt, erklärende Zwischentexte waren für Darsteller und Publikum seiner Zeit nicht nötig. Die mal mehr mal weniger derben Texte in denen sich »zuckersüßes Bräutchen« auf »Jungfernhäutchen« reimt, sagten genug. Die seinerzeit nur gesungene, aber nie szenisch aufgeführte zwanzigminütige Madrigalkomödie erschien »I Confidenti« aber nicht abendfüllend. Bei der Story »Hände weg von jungen Mädchen, ihr alten Säcke« fehlte die edle Note. So wurden Madrigale von Palestrina, Marenzio und Monteverdi eingefügt, in denen die Solisten allein wie der Altist Alexander Schneider, zu zweit, zu dritt .... zu sechst mit schönen Stimmen und blitzsauberer Intonation glänzen konnten. Die für die mehr als 300 Jahre verspätete szenische Uraufführung nötigen erklärenden Zwischentexte gaben die erfundenen Personen Donna und Uomo, (Mann und Frau) mit einigem Witz. Die Dramaturgin, Übersetzerin und Mitbegründerin von »I Confidenti«, Waldtraut Lewin, fädelte alles nahtlos ineinander. Die andere wichtige Dame bei »I Confidenti«, Christine Jaschinski, entwarf die Ausstattung. Sieben perfekt genähte Kostüme, fünf mannshohe Holzpuppen, eine Kulisse mit gemaltem Vorhang darauf, alles in klaren Farben: das ist es schon. Keine Rüsche zu viel, keine zu wenig. Der Schweizer Regisseur David Zurbuchen trainierte mit den Sängern das Bewegungsrepertoire der Commedia dell'arte, ohne dabei den musiktheatralische Grundgestus zu sprengen. Während der anderthalb Stunden stimmte einfach alles. Man sollte Brandenburgs ländliche Gefilde nicht unterschätzen.

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