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Wohnrecht: Wenn der Vermieter zu Besuch kommt ...
Besichtigung ohne Rücksprache
Ohne konkreten Grund ist eine Wohnungsbesichtigung nur etwa alle zwei Jahre zulässig. Für weitere Besichtigungen innerhalb dieses Zeitraums ist dann ein konkreter Anlass erforderlich. Experten raten, anstehende Wohnungsbesichtigungen rechtzeitig mit dem Mieter abzustimmen. Hat der Mieter beim Vermieter einen Wohnungsschlüssel hinterlassen, sollte dies unter keinen Umständen als Einladung verstanden werden, die Wohnung in Abwesenheit des Mieters oder gar ohne dessen Zustimmung zu betreten.
In einem konkreten Fall kündigte der erboste Mieter nach einem ungewollten Besuch des Wohnungseigentümers sechs Wochen nach der gesetzeswidrigen Wohnungsbegehung - in diesem Zeitraum suchte er eine neue Wohnung - fristlos das Mietverhältnis. Das zuständige Gericht bejahte die Wirksamkeit der Kündigung, da die Handlung des Vermieters eine nicht hinzunehmende Eigenmächtigkeit dargestellt habe, die ein Festhalten an dem Vertrag unzumutbar mache (LG Berlin, AZ: 64 S 305/98).
Handwerker und Verwalter
Ein wichtiger Grund, der zu einer Besichtigung berechtigt, liegt dann vor, wenn der Vermieter die Wohnung in eine Eigentumswohnung umwandeln möchte und hierdurch die Prüfung der Abgeschlossenheit der Wohnung notwendig wird (LG Hamburg, AZ: 307 S 349/ 93). Beauftragt der Vermieter Handwerker für Arbeiten in der Wohnung, gebietet es nicht nur die Höflichkeit, den Mieter darüber rechtzeitig zu informieren. Zudem muss der Zutritt zur Wohnung zeitlich so schonend wie möglich gestaltet werden.
Für die Terminvereinbarungen zwischen den Handwerkern und dem Mieter ist der Vermieter verantwortlich. Dies gilt auch für alle eventuellen Folgetermine. Dem Mieter müssen die Gründe für die Notwendigkeit mehrerer Handwerkerbesuche erläutert werden (Amtsgericht Hamburg, AZ: 49 C 26/99).
Auch die Besichtigung der Wohnung durch einen gerichtlich beauftragten Sachverständigen muss geduldet werden (Amtsgericht Münster, AZ: 52 C 834/01). Allein der Wechsel des vom Vermieter eingesetzten Verwalters ist dagegen kein ausreichender Grund für eine Wohnungsbesichtigung und kann vom Mieter zurückgewiesen werden (Amtsgericht Köln, AZ: 219 C 430/98).
Besichtigung vom Nachmieter
Endet der Mietvertrag mit dem bisherigen Mieter und stehen hierdurch Besichtigungstermine mit Interessenten oder Maklern an, kommt es besonders häufig zum Streit über die Zumutbarkeit dieser Termine.
In einem konkreten Fall bot ein Mieter Besichtigungen zwischen acht und zehn Uhr morgens und ab 18.30 Uhr abends an. Die vom Vermieter beauftragte Maklerin lehnte diese Termine jedoch ab. Da keine Einigung über andere Termine erfolgte, verlangte der Vermieter vom Mieter Schadenersatz auf Grund einer gescheiterten Neuvermietung.
Das Gericht sah die Terminangebote des Mieters jedoch als ausreichend an und wies die Klage ab, zumal der Vermieter es versäumt hatte darzulegen, welche Interessenten wegen der Terminvorschläge abgesagt hatten (Amtsgericht Kerpen, AZ: 21 C 533/98).
Auch wenn der Mieter mit der Besichtigung der von ihm noch bewohnten Wohnung prinzipiell einverstanden ist, kann es zu Streitigkeiten kommen. So kann der Mieter von ihm unbekannten Personen, die ihm als Interessenten für den Folgemietvertrag vorgestellt werden, das Vorzeigen des Personalausweises verlangen und ihre Namen notieren (Amtsgericht München, AZ: 461 C 2972/ 93).
Schuhe ausziehen keine Pflicht
Nach Ansicht der Richter geht es allerdings zu weit, von den Besuchern das Ausziehen der Schuhe zu verlangen, wenn keine besonderen Umstände vorliegen. Grundsätzlich muss ein Erwachsener beim Betreten der fremden Wohnung die Schuhe nur abtreten. Etwas anderes kann gelten, wenn die Schuhe beispielsweise nach vorausgegangenem Waldspaziergang oder auf Grund schlechten Wetters besonders schmutzig sind (AG Siegburg, AZ: 4 C 53/01).
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