Wann haftet der Eigentümer für Schäden auf seinem Waldgrundstück?

  • FRANK AUERBACH, Rechtsanwalt, Arzinger & Partner
  • Lesedauer: 5 Min.
Ich bin Eigentümer eines größeren Waldgrundstücks außerhalb geschlossener Ortslage. Durch das Grundstück verläuft ein öffentlicher Weg für Spaziergänger und Radfahrer. Meine Fragen: 1. Bin ich haftbar, wenn auf dem Grundstück bzw. dem öffentlichen Weg Personen zu Schaden kommen - durch herabhängende Äste, umgestürzte Bäume, durch vom Unwetter ausgewaschenes Erdreich? Sollte ich eine Grundstücks-Haftpflichtversicherung abschließen? 2. Kann ich Schadenersatzansprüche abwenden, wenn ich in dem Waldstück Warnschilder aufstelle? 3. Besteht für mich Haftpflicht, wenn Personen unbefugt die Einfriedung meines Grundstücks übersteigen und dabei zu Schaden kommen?
Manfred L., 081412 Reinsdorf Zu 1.: Der Beschreibung von Herrn L. könnte man entnehmen, dass es sich bei seinem Grundstück um Wald handelt, das den gesetzlichen Bestimmungen des Waldrechtes unterliegt. Einschlägig wären insofern das Bundeswaldgesetz, das Rahmenvorschriften für die Landesgesetzgebung gibt, und das jeweilige Landeswaldgesetz. In § 14 BWaldG ist bestimmt, dass das Betreten des Waldes zum Zwecke der Erholung gestattet ist, Radfahren, Fahren mit Krankenfahrstühlen und Reiten im Walde nur auf Straßen und Wegen gestattet ist und die Benutzung auf eigene Gefahr geschieht. § 14 Abs. 2 BWaldG ermöglicht den Ländern, Einzelheiten zu regeln, insbesondere auch das Betreten des Waldes aus wichtigem Grund einzuschränken und entsprechende Fälle zu definieren. Auf dieser gesetzlichen Basis haben die Länder Landeswaldgesetze erlassen, die auch geringfügig differierende Regelungen enthalten. Grundsatz ist aber, dass das Betreten des Waldes auf eigene Gefahr jedermann gestattet ist, d. h. im Umkehrschluss, dass der Eigentümer eines Grundstückes, das den Waldgesetzen unterfällt, nur sehr eingeschränkt dafür haftbar gemacht werden kann, dass Personen oder Sachen zu Schaden kommen. Diese gesetzlich vorgesehene Haftungsfreistellung basiert wesentlich auch auf den Beschränkungen, denen der Waldbesitzer durch die gesetzlichen Regelungen des Waldgesetzes unterliegt, beispielsweise dass die Landeswaldgesetze in aller Regel ein Einzäunen oder Sperren von Wald nur sehr, sehr eingeschränkt ermöglichen, eben weil jedermann das Betreten des Waldes zu ermöglichen ist. So schreibt beispielsweise § 22 Landeswaldgesetz (LWaldG) Brandenburg vor, dass Einzäunungen auf das notwendige Maß zu beschränken sind, Sperren im Wald nur aus besonders wichtigen Gründen im öffentlichen Interesse zulässig sind und dies der vorherigen Genehmigung bedarf. Mithin ist vor allem zu prüfen, ob das Grundstück den Beschränkungen der Waldgesetze, insbesondere des betreffenden Landeswaldgesetzes, unterliegt, was über die jeweilige Untere Forstbehörde in Erfahrung gebracht werden kann. Dann nämlich ist eine Haftung für die beschriebenen Umstände weitgehend ausgeschlossen. Grundsätzlich gilt zur Haftung des Waldeigentümers, der im Bundeswaldgesetz als Waldbesitzer definiert ist, folgendes: Zwar folgen weder aus dem Benutzungsrecht des Waldbesuchers auf eigene Gefahr noch aus der Duldungspflicht des Waldbesitzers - u. U. gegen seinen Willen -, dass der Waldbesucher jede Gefahr im Wald selbst zu verantworten hat und den Waldbesitzer keinerlei Pflichten treffen. Allerdings ist der Waldeigentümer wie jeder Grundstückseigentümer entsprechend allgemeinen Maßgaben verkehrssicherungspflichtig. Wegen der Besonderheit, dass er grundsätzlich das Betreten des Waldes zu gestatten hat und die Waldgesetze entsprechend auch festschreiben, dass dies auf eigene Gefahr durch den Waldbesucher geschieht, hat der Waldbesitzer jedenfalls keine besonderen Vorkehrungen gegen die typischen Gefahren des Waldes, wie Fahrspuren in Wegen, herabhängende Äste, vorstehende Wurzeln u. ä., zu treffen. Er muss jedoch Waldbesucher auf Grund seiner »normalen«, d. h. allgemeinen Verkehrssicherungspflicht, soweit möglich, vor atypischen Gefahren schützen. Als atypisch in diesem Zusammenhang sind alle nicht durch Natur oder Art der Bewirtschaftung mehr oder minder zwangsläufig vorgegebenen Zustände zu bezeichnen, insbesondere solche vom Waldbesitzer selbst geschaffenen Gefahrenquellen. Es lässt sich also grundsätzlich festhalten, dass im Hinblick auf das Betreten des Waldes grundsätzlich der Waldbenutzer mit den typischen Gefahren des Waldes zu rechnen hat und sich deshalb entsprechend umsichtig verhalten und erkennbare Gefahren meiden muss und der Waldbesitzer lediglich verpflichtet ist, die Gefahren zu beseitigen, mit denen der Waldbenutzer nicht rechnen musste und die im vorbeschriebenen Sinne atypisch sind. Allerdings lässt in Haftungsfällen die Rechtsprechung weitere Erwägungen, insbesondere die wirtschaftliche Zumutbarkeit für den Waldbesitzer hinsichtlich Erkenntnismöglichkeiten und Sicherung vor Gefahren, bei einer Haftung mit einfließen. Sicherlich kommt es auch darauf an, ob es sich um einen reinen Erholungswald handelt oder dieser bewirtschaftet wird. Aus alldem folgt, dass die Gefahr einer Haftung für die von Herrn L. beschriebenen Gefahren wegen des genannten Regelungsrahmens der Waldgesetze sehr gering ist. Über die Möglichkeit besonderer Grundstückshaftpflichtversicherungen können hier leider keine Aussage getroffen werden. Zu 2.: Aus dem unter 1. Gesagten folgt bereits, dass es dann, wenn es sich tatsächlich um Wald im Sinne der Waldgesetze handelt, eigentlich wegen der gesetzlichen Festschreibung, dass die Benutzung auf eigene Gefahr geschieht, entbehrlich ist, ein entsprechendes Schild, was ebenfalls nur auf diese allgemeine Bestimmung verweist, aufzustellen. Es schadet jedenfalls nichts. Wichtig wäre, wenn eine besondere Gefahr ersichtlich ist, davor zu warnen. Auch wenn zweifelhaft sein sollte, ob das Grundstück tatsächlich den Waldgesetzen unterfällt oder nicht tatsächlich nur ein Grundstück mit einem darüber führenden im privaten Eigentum stehenden, aber von der Öffentlichkeit genutzten Weg ist, sollte, um Haftungsrisiken zumindest reduzieren zu helfen, dieses Schild aufgestellt werden. Zu 3.: Da eine Haftung nicht nur die Verletzung bestimmter Sorgfaltspflichten, insbesondere Verkehrssicherungspflichten, voraussetzt, sondern neben der Rechtswidrigkeit durch die Verletzung solcher Pflichten auch ein Verschulden, d. h. Vorsatz oder Fahrlässigkeit, kommt eine Haftung gegenüber Personen, die unbefugt ein umzäuntes Grundstück betreten, grundsätzlich nicht in Betracht. Zum einen ist ein rechtswidriges Handeln des Eigentümers bezüglich dieser Personen kaum denkbar und zum anderen ist ein Verschulden eines Schadens auszuschließen. Durch die Einfriedung wird zu erkennen gegeben, dass das Grundstück vor dem unberechtigten Betreten gesichert werden soll. Eine Haftung ist lediglich darin denkbar, wenn anlässlich dieses unberechtigten Aufenthaltes auf dem Grundstück gegenüber den betreffenden Personen in unangemessener Art und Weise reagiert wird und diese zu Schaden kommen.

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