Neues Fenster für Endlager

Bundesregierung will im Jahre 2004 gesetzliche Regelung vorlegen

  • Heiko Balsmeyer
  • Lesedauer: 3 Min.
Beim Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (BdWi) wurde vergangene Woche mit der Staatssekretärin aus dem Bundesumweltministerium, Simone Probst (grüne), über das weitere Verfahren bei der anhaltenden Standortsuche für ein atomares Endlager diskutiert.
Der vom Bundesumweltministerium (BMU) beauftragte Arbeitskreis Endlagerung (Ak End) hatte Ende 2002 in seinem Abschlussbericht angeregt, eine Verhandlungsgruppe einzusetzen. Diese sollte der Bundesregierung Vorschläge für weitere Standorte unterbreiten. Die Betreiber der Atomkraftwerke sowie CDU und FDP lehnten ihre Beteiligung an einer solche Gruppe ab. Für diesen Fall sieht der Abschlussbericht des Ak End - wie auch die rot-grüne Koalitionsvereinbarung - vor, die Endlagersuche per Gesetz »auszugestalten«. Von den Rechten der von einer Endlagerentscheidung Betroffenen ist allerdings weder beim Bericht noch in der Koalitionsvereinbarung die Rede.
Das BMU will, so die Aussage von Simone Probst, in dieser Legislaturperiode das grundsätzliche Verfahren und die Sicherheitskriterien für ein solches Endlager vom Bundestag festlegen lassen. Das »Zeitfenster« für die Diskussion um das Verfahren soll im Sommer nächsten Jahres wieder geschlossen werden.

Bund soll vor allen Dingen überwachen
Das Umweltministerium favorisiert als Finanzierungsvariante für das Auswahlverfahren das »Verbandslastmodell«. Ein praktisches Beispiel dafür ist der Erdölbevorratungsverband. Die AKW-Betreiber würden dementsprechend Mitglied eines öffentlich-rechtlichen Verbandes werden, dessen Aufgabe in der Errichtung eines Endlagers bestünde. Alle Kosten - auch die der Öffentlichkeitsarbeit - soll der Verband übernehmen. Die Endlagerungskosten würden vollständig über die Mitgliedsbeiträge finanziert. Der Bund sollte sich dabei auf Überwachung und Genehmigung beschränken.
In der Diskussion beim BdWi wurden vor allem zwei umstrittene Punkte genauer beleuchtet. Zum einen geht es darum, wie die Finanzierung durch die Energieversorger sicher gestellt werden kann, zum anderen um die Rechte der Betroffenen. Ursula Schönberger, Mitglied des Vorstandes der AG Schacht Konrad, wies auf das Risiko hin, dass sich Unternehmen durch Insolvenz aus ihrer Verantwortung verabschieden. Daher fragte sie, warum die Regierung nicht dem Vorschlag der EU-Kommission zur Schaffung eines öffentlich-rechtlichen Fonds folgt, der die Gelder für ein atomares Endlager entsprechend sicher verwalten würde. Staatssekretärin Probst antwortete darauf, dass das BMU diesen Vorschlag begrüße, in der Bundesregierung sei in dieser Frage aber kein Konsens herzustellen. Insbesondere das Finanzministerium habe sich dagegen ausgesprochen.

Betroffene haben bislang keinerlei Rechte
Unklar blieb, wie die Rechte der Betroffenen gesichert werden. Diese haben bisher in der Phase der Standortsuche und der Erkundung der Bergwerke keinerlei Rechte und damit auch keine Möglichkeit zur gerichtlichen Überprüfung. Der Energieökonom Anton Schweiger wies auf die Aarhus-Konvention hin, die den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten regelt. Laut Schweiger müssten entsprechend dieser Konvention Klagerechte für die Bürger festgeschrieben werden. Das sei in Deutschland - obgleich Unterzeichnerstaat dieser Konvention - bisher aber nicht geschehen.
Simone Probst sah in diesem Punkt die gesamte Bundesregierung unmittelbar rechtlich an die Konvention gebunden. Das Verfahren zur Suche eines Endlagerstandortes müsse nach ihrer Auffassung sogar noch über deren Pflichten hinausgehen. Was allerdings konkret zu tun wäre, um die Beteiligungsrechte der Bürger zu gewährleisten - dazu schwieg die Staatssekretärin.
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