Notfallbehandlung: Nachteile durch Verlegung hinnehmbar

  • Lesedauer: 2 Min.
Ein Notfallpatient ist unverzüglich zu verlegen, wenn das zunächst angefahrene Krankenhaus zur Versorgung nicht in der Lage ist. Es entspricht jedoch geübter Praxis, dass die in Betracht kommenden anderen Kliniken der Reihe nach und nicht gleichzeitig angefragt werden, ob sie den Patienten übernehmen können. Nachteile, die daraus entstehen, hat der Patient hinzunehmen, so der Anwalt-Suchservice unter Hinweis auf einen Fall, den das Oberlandesgericht Köln zu entscheiden hatte. Ein Mann verletzte sich bei einem sonntäglichen Fußballspiel schwer am Knie (Abriss der Arteria poplitea). Er wurde mit dem Rettungswagen in ein Krankenhaus gefahren und untersucht. Da sich die Ärzte dort zu der notwendigen Operation nicht in der Lage sahen, entschied der zuständige Oberarzt, den Patienten zu verlegen. Es wurde also bei einer anderen Klinik angefragt, ob der Mann dort aufgenommen werden könne. Die in aller Ruhe abgewartete Entscheidung war negativ. Danach wurde bei einem anderen Krankenhaus um Aufnahme gebeten, doch auch dieses lehnte nach einer Bedenkzeit ab. Erst die dritte angefragte Klinik erklärte sich schließlich bereit, den Patienten gefäßchirurgisch zu versorgen. Inzwischen waren mehr als anderthalb Stunden vergangen - wertvolle Zeit für den Notfallpatienten, während derer er schlicht herumlag und auf seine Versorgung warten musste. Nachdem er verlegt und anschließend drei Stunden lang operiert wurde, waren die Folgen dieser zeitlichen Verzögerung für ihn fatal. Er behielt von dem Unfall massive Muskel- und Nervenschädigungen zurück und ist seitdem erheblich gehbehindert. Der Mann zog vor Gericht. Er war der Meinung, er hätte schneller operiert werden können. Die Ärzte in der ersten Klinik hätten gleichzeitig bei mehreren anderen Krankenhäusern anfragen müssen, um eine Zeitverzögerung zu verhindern. Doch die Richter des Oberlandesgerichts (OLG) Köln sahen das ganz anders. Die Entscheidung, den Notfallpatienten in eine andere Klinik zu verlegen, sei sachgerecht gewesen. Dass nachfolgend mehrere Krankenhäuser der Reihe nach angefragt und auf die Antwort bis zu zwanzig Minuten jeweils gewartet wurde, entspreche geübter und nicht zu beanstandender Praxis. Eine gleichzeitige Anfrage bei mehreren Kliniken sei »aus organisatorischen Gründen nicht angezeigt«. Der Patient müsse die aus dieser Praxis resultierenden Nachteile - wie hier die zeitliche Verzögerung seiner Behandlung - hinnehmen, so das Gericht. Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 4. Dezember 2002, Az. 5 U 84/01

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.