»C 18« - politischer Mord ist ihr Auftrag
Die braune Terrorszene ist europaweit verbunden
Fast 50 Wohnungen und Treffpunkte habe man durchsucht und »Rädelsführer« festgenommen, verkündet ein Sprecher des Landeskriminalamts. Doch wenn die nun aufgeflogene Bande wirklich zum Netzwerk Combat 18 gezählt werden muss, dann hat sie Vorsorge getroffen, damit mögliche Schläge von Sicherheitsbehörden nicht zu tief ins terroristische Fleisch schneiden.
Combat 18, kurz »C 18«, ist ein internationales Netzwerk, dessen Führung fest gefügt ist und dessen Zellen relativ autonom agieren. Ihr Auftrag: Gewalt - politischer Mord inklusive. Gegründet wurde die Truppe als eine Abspaltung der British National Party bereits Anfang der 90er Jahre. Combat steht für Kampfeinheit, die 18 symbolisiert den ersten und den achten Buchstaben des Alphabets: A H - Adolf Hitler. Als Kontaktadresse benutzte Combat 18 ein Postfach in den USA, wo derartige rechtsextremistische Milizen vom Staat kaum belästigt werden. Die Terroristentruppe rekrutierte sich nur zum geringen Teil aus Jungnazis, die auf Demonstrationen das Maul aufreißen, sie suchte sich gezielt erfahrene Fanatiker. Arbeitslose Söldner aus Rhodesien beispielsweise übernahmen das Training. Als Scotland Yard vor gut drei Jahren eine fünfzehnköpfige Zelle ausgehoben hat, traf man auf Fallschirmjäger der britischen Armee.
Combat 18 aktualisiert ständig so genannte Todeslisten, Redwatch genannt. Dass es sich bei denen nicht um Fiktionen handelt, beweisen diverse Rohrbomben-Attentate in von Ausländern bewohnten oder von Homosexuellen bevorzugten Quartieren in London. Quasi als Probestück hatte man sich die Redaktion des linken »Morning Star« vorgenommen. Es folgten Brandanschläge auf das Büro der Demokratischen Linken und das Arbeitslosen- und Nachbarschaftszentrum in Sandwell Ende November 1992.
Bei drei Attentaten mit Nagelbomben im Londoner Westen sowie einem Anschlag auf eine Bar im Jahre 1999 ging der Inlandsgeheimdienst MI5 ebenfalls von der »C 18«-Täterschaft aus. Sechs Menschen verloren ihr Leben, 160 wurden verletzt.
Einiges konnte auch über die Auslandskontakte ermittelt werden. Die schwedische Polizei fing 1997 in Dänemark aufgegebene Briefbomben ab, die an Antifaschisten in England geschickt worden waren. Quasi als Dank bekam die damalige schwedische Justizministerin Laila Freivalds einen solchen »Gruß«. Als Hervé Guttoso, Gründer der französischen Charlemagne Hammer Skin, 1995 fliehen musste, fand er bei »C 18«-Führern in London Unterschlupf. Jüngst vermeldete der Prager Rundfunk, dass es in Tschechien Combat-Zweigstellen gibt. Vor allem Roma und vietnamesische Händler seien Zielobjekte der Banden.
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»Es gibt keine rechtsterroristischen Gruppierungen und keine Bestrebungen zum Aufbau eines zielgerichteten "bewaffneten Kampfes". Gleichwohl besteht weiterhin die Gefahr, dass Einzelpersonen oder Kleinstgruppen auch schwere Anschläge... begehen.«
Aus dem Verfassungsschutzbericht 2002
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Über den 2001 verstorbenen gebürtigen Brandenburger Marcel Schilf bestand eine direkte Zusammenarbeit zwischen deutschen und dänischen Rechtsterroristen. Im Forum der Homepage der Jungen Nationalen Duisburg fanden Antifaschisten Ende 2000 eine Gruppe namens Combat 18/Deutsche Sektion. Bernd Wagner vom Neonazi-Aussteigerprogramm »Exit« müht sich seit Jahren klarzumachen, dass rechtsextremistische Gewalt eine neue Qualität erreicht hat. »In verschiedenen Gruppen gibt es in der Tat strategisch überlegte Gewalt und man versucht, Möglichkeiten zu erschließen, Feinde anzugreifen.« Entsprechende ins Deutsche übersetzte Combat-18-Handbücher wurden bereits gefunden. Die Terrorvereinigung, so weiß Wagners britischer Kollege Gerry Gable, baute in den letzten Jahren Strukturen in Deutschland aus. Gegenüber Report München sagte er vor wenigen Wochen: »Sie schicken ganz sicher jedes Jahr Leute nach Deutschland, nach Wunsiedel, zum Rudolf-Hess-Gedenk-Marsch...« Dort treffen sie auf deutsche, aber auch auf polnische Neonazis. Über den Neonazi Matthias Fischer von der Kameradschaft Fränkische Aktionsfront läuft der Kontakt zur Kameradschaft Süd in München. Deren Chef Martin Wiese wollte die Grundsteinlegung zum Synagogenbau sprengen. Mit einer Bombe. Das TNT kam - über brandenburgische Kanäle - aus Polen. Die Zeichen C 18 tauchten auch auf bei der Schändung eines jüdischen Friedhofes Anfang Mai in Neustadt bei Lübeck. Samt Todesdrohungen an alle, »die Juden helfen«. Auch als Nazis sich über die Gedenkstätte im ehemaligen KZ-Ravensbrück hermachten, leuchteten »C 18« Zeichen.
Die Rechtsterroristen von Combat 18 apostrophierten sich in den vergangenen Jahren oft als militanten Arm von »Blood and Honour«. Die Truppe wurde im Jahr 2000 zwar verboten, doch anders als der Verfassungsschutz meint, läuft deren Geschäft weiter. Der Musikvertrieb ist inzwischen eine lukrative Einnahmequelle. Experten meinen, das Geld wird auch für Waffen ausgegeben. Ein wichtiger Combat-18- Führer ist der inhaftierte Bernd Peruch. Er »spielte« In der Naziband Hate Society. Peruch hatte ganz offenbar auch Kontakte in die Hauptstadt. Dort wird derzeit gegen die Nazirocker der Gruppe Landser verhandelt. Dabei geht es weniger um ihre hasserfüllten antisemitischen Texte. Sie sind angeklagt wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung.
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